Phrasen im täglichen Miteinander.

Phrasen im täglichen Miteinander.

Vermutlich kennt jeder schnell mal hingeworfene Sätze im Gespräch mit Nachbarn, Freunden und Partnern. Schlimmstenfalls sind das echte Killerphrasen und typische Plattitüden. Immer dann wenn uns anteilnehmende Worte fehlen, funktionieren typische Phrasen als Platzhalter. Natürlich steckt dahinter auch unsere durchaus positive Motivation, unserem Gegenüber vielleicht weiterzuhelfen.

Schnell rausgehauen bei wenig Substanz ?

Beispielsweise mit dem Spruch rüberzukommen, der übrigens auch in jeder mittelmäßigen Sitcom und Serie immer auftauchen wird. „ Ich weiß doch genau, wie du dich jetzt fühlst und wie es dir jetzt geht!“  Ziemlich gewagt, das im Ernst zu glauben. Denn einerseits sind ähnliche oder gar gleiche Erfahrungen hier überhaupt nicht gefragt. Andererseits ist es auch absurd zu behaupten, man wisse, wie es dem anderen WIRKLICH geht. Weiß die Zitrone wirklich wie es ist eine Kartoffel zu sein ?

 

Selbst Therapeuten reagieren zunächst mal mit Arbeitshypothesen. Die Daten-und Faktensammlung in der Anamnese erlaubt dann eine Bewertung, eine Diagnose und damit überhaupt eine Therapie. Oft sind wir im Alltag in Wahrheit auch ziemlich ratlos und bewerten Menschen und Situationen vorschnell und klischeehaft. Und schwubs ist er raus, der wohlmeinende Satz : „ Komm, das wird schon wieder !“

Das aber ist ebenfalls eine Phrase pur !  Besser wäre es stattdessen einfach mal gut dem anderen Zuzuhören.Und nicht gleich mit solchen Phrasen und Lösungen zu reagieren. Ungefragte Ratschläge verursachen nämlich immer mehr Handlungs- Druck, als sie nutzen!

 

Killerphrasen vom Feinsten !

„ Du weißt doch, du kannst mit mir jederzeit reden wenn du magst, also melde dich doch bei mir !“ Hört sich doch freundlich an, ist aber auch oft eher eine Killerphrase, zumal dann, wenn das Angebot eigentlich nicht ernst gemeint ist. Klar ist dabei fast immer, dass der andere sich eben nicht bei uns melden wird, wir genau damit kalkulieren und wir unser Angebot dann auch ganz schnell vergessen und nicht realisieren müssen.

 

Konkretes Nachfragen als kommunikativer Königsweg ?

Klare Ansagen: „ Ich höre dir wirklich gerne zu !!“, sollten günstigstenfalls der Wahrheit entsprechen. Aber, unser Gegenüber will vielleicht auch überhaupt nicht gerne zu unserem Problemfall mutieren ? Also bitte häufiger weniger messianischen Eifer an den Tag legen !.Das ist dann durchaus unterstützend sein und zeigt Gespür, Empathie und Fingerspitzengefühl. Telefonieren oder aber ein Treffen vorzuschlagen, zeigt dagegen durchaus , dass unser Hilfsangebot wirklich ernst gemeint ist. Und eben dann nicht beleidigt sein, wenn dann doch nichts draus wird.

Also sag mir bitte doch, was ich am besten für dich jetzt tun kann “, kann somit tatsächlich hilfreiches Nachfragen sein. Das aber sollte unser Gegenüber wirklich nicht zu sehr unter Handlungsdruck setzen ! Und kommt dann entsprechend wenig bis kein Feedback bei uns an, ist das auch zu Akzeptieren. Weiter hier zu Insistieren, wäre wahrhaftig kein Freundschaftsdienst, sondern oft nur nervig.

 

Niemals heilt Zeit alle Wunden ! Sie werden nur erträglicher !

Einer der schlimmsten Phrasen ist allerdings jene , dass „ die Zeit ja immer alle Wunden heilt!“

Das ist ein echt philosophischer Gassenhauer, der auf Voiltaire zurückgehen soll. Bedeutet aber in der Realität: „Komm, stell dich nicht so an, wird schon wieder, lass einfach Gras drüber wachsen und lass die Zeit vergehen, dann löst sich alles ganz von alleine auf !“

Damit wird der andere oftmals schlicht überfahren, der sich immerhin in einer vielleicht traumatischen Lebenssituation befindet, die langfristig und auch kurzfristig gemeistert werden muss, was wiederum auch über den Grad der vorhandenen Resilienz entschieden wird.

 

 

Besonders trostreich soll hier auch immer der Klassiker aller Plattitüden wirken: „ Ach, es könnte ja noch schlimmer kommen und denk jetzt mal positiv: Alles wird gut!

Dies beispielsweise einem Menschen zu sagen, der mitten in einer Krebstherapie steckt oder einen Partner oder Kind verloren hat, eine Trennung verarbeitet oder eine eigene Erkrankung, ist ziemlich zynisch.

Wenn wir die Trauer, die Verzweiflung, die Ängste oder den Ärger unseres Gegenübers nicht aushalten können, muss oft eine solche Beschwichtigung und Phrase herhalten. Damit schaffen wir uns Distanz zu den Gefühlen des Gregenübers und zu dessen Situation.

Genau das ist aber überdenkenswert und einfach häufig unangebracht und alles andere als emphatisch. Passiert jedoch tagtäglich um uns herum und – leider – auch oft uns selbst.

 

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