Im gemeinsamen Lebensabend entspannt Hand in Hand zu gehen, als ein Paar, das sich immer noch sehr schätzt und tiefe Gefühle füreinander hegt, zeichnet ein schönes, aber auch idealisiertes Bild vom Älter Werden. Aber leider nicht unbedingt ein realistisches. Manche Gefühle ändern sich sehr oder passen sich chronologisch und biologisch an. Mit jedem Lebensjahr werden wir vorsichtiger und leider auch häufig weniger spontan. Sicherheitsdenken ist ein wesentliches Basisgefühl der älteren Generation.Manche Emotionen sind aber auch generationenübergreifend wirksam. Und genau hier entsteht dann Verständnis und ein Dialog und anteilnehmende Gefühle zwischen Jung und Alt.
Natürlich lösen diese entspannten Bilder vom fischenden Opa mit Enkel sehr warme Gefühle beim Betrachter aus. Sind sie doch so fern der noch aktuellen Maskenwirklichkeit. Auch das Klischee der backenden und strahlenden Oma tut einfach gut. Denn die Gefühle füreinander- zwischen den Generationen- geben gerade in Pandemiezeiten Sicherheit. Das macht alles durchaus auch unter diesen Bedingungen einfacher. Die emotionale und körperliche Gesundheit sei hier jedoch vorausgesetzt.
Risikogruppe älterer Mensch und Traumatisierungen.
Von dieser Glückseligkeit“ der Enkel- Großeltern- Bilder sind wir gerade in Corona-Zeiten ziemlich entfernt. Die Enkel und Kinder wegen der Pandemie nicht oder nur ganz distanziert sehen und umarmen zu können, war und ist unendlich schwer. Oder vielleicht grausamerweise an Covid19 erkrankt im Krankenhaus oder Pflegheim zu sein, dort vielleicht alleine sterben zu müssen, war und ist für alle Beteiligten absolut traumatisierend.
In der psychologischen Nachverarbeitung dieser ganzen Geschehnisse wird der Hilfsbedarf für therapeutische Praxen und Berater wachsen. Auch in meiner Praxis steigen entsprechende Anfragen. Und das Thema der begleitenden Gefühle taucht thematisch verstärkt nun auch auf.
Vielleicht gelingt es der älteren Generation doch etwas gelassener Abwarten zu können als die Jugend. Damit Durchhaltevermögen und günstigstensfalls eine gewisse Haltung zu zeigen. Von der jüngeren Generation Hilfe anzunehmen ist alllerdings ebenso wichtig. Und immer neu dazuzulernen ! So half die Corona- Krise neue digitale Kommunikationsformen zu nutzen, um weiter mit Freunden, Verwandten, Kindern oder Enkeln und der Welt im Kontakt zu sein.
Ob nun Jung oder Alt, alle sehnen wir uns wieder nach mehr Normalität und Bewegungsfreiheit.
Andererseits drängt naturgemäß die jüngere Generation darauf die Beschränkungen endlich hinter sich zu lassen und will verständlicherweise einfach nur wieder loslegen. Abgesehen vom wirtschaftlichen Interesse eines Lockdown-Ausstieges ! Der Wunsch nach Veränderung verleiht der jüngeren Generation kreative Siebenmeilenstiefel und fördert damit manches Entwicklungspotential, wovon die Alten schließlich profitieren.
Innovationen schaffen auch für die ältere Generation mehr Freiräume.
So zeigt u.a. die Luca-App hilfreiche Innovationen des Entwicklers, Musiker und Rappers Smudo. Dazu nun ständiges Testen und die Einhaltung der AHA-Regel können nun die Durststrecke bis zur Impfung für alle Generationen sinnvoll überbrücken helfen.
Die Kinder wollen nun auch unbedingt wieder in ihre Schulen, die Jugendlichen wieder mehr ihre Freunde treffen und alle träumen vom maskenlosen Shoppen, Sport machen, Reisen und Feiern und unkompliziertem beruflichen Miteinander. Ob nun Jung oder Alt, alle sehnen wir uns doch wieder nach mehr Normalität und Bewegungsfreiheit..
Gefühle der Überforderung und zusätzliche Bewältigungs-Energie durch Erkrankungen.
Gefühle der Überforderung sind nicht nur in jungen, sondern gerade auch in älteren Beziehungen leider Alltag und auch Thema in meinen Praxisanfragen gerade in Pandemiezeiten. Mit Enkeln wird oft noch weitgehend geduldig umgegangen, mit dem alten Beziehungspartner eher weniger. Das konterkariert so ziemlich heftig das harmonische Klischee des Hand in Hand- Gehens ! Denn je älter wir werden, desto mehr verstärken sich unsere schwierigen Persönlichkeitszüge. Manche Paare -gerade solche mit vielen gemeinsamen Jahren im Gepäck- befinden sich in einem Art Kriegszustand. Die Pandemie kann diesen noch erheblich zuspitzen. Man geht sich bekanntlich nur noch auf die Nerven, wenn man sich nicht aus dem Weg gehen kann. Alterserkrankungen und seelische und körperliche Beschwerden kosten zudem zusätzliche Bewältigungs- Energie. Das kann durchaus unzufrieden, depressiv, nörglerisch oder gar streitsüchtig machen.
Schwer erträgliche Verhaltensweisen können auch hochaggressive Ausmaße annehmen. Die Wirkung mancher Medikamente auf den älteren Körper und die Psyche wird oftmals zu wenig beachtet. Gefühle und Wahrnehmung verändern sich mit den späten Jahren durchaus durch Krankheiten und vor allem durch chronische Schmerzen. Wenn dann noch das typische Alters- Misstrauen und gar der Alters- Starrsinn verstärkend hinzukommen, verändert sich das Miteinander in älteren Beziehungen und Familien enorm .Und das Miteinander sprechen fällt umso schwerer, je weniger es im Beziehungs- und Familienleben VOR Corona eingeübt wurde.
Älter Werden bringt also leider nicht immer Gelassenheit oder gar Weisheit.
Typische Erkrankungen des Alters, z.B. Frontallappen-Demenz bzw. Alzheimer bedeuten eine große Gefühls- Herausforderung für den jeweiligen Beziehungspartner und die Angehörigen. Frustrierte Senioren drehen sich häufig in einer ständigen Streitspirale. Und manche werden durch schwere Hirnerkrankungen nicht mehr einschätzbar und handgreiflich.
Unter den Charaktereigenschaften, die sich negativ verstärken können leidet dann weniger der Senior oder die Seniorin, sondern die gesamte Familie und die Mitwelt. Störungen im Gehirn wie z.B. im Bereich des Frontallappen können permanentes Nörgel- bzw. Streit- Verhalten und aggressive, schwer erträgliche Ausfälle auslösen.
Gefühle von Verzweiflung und großer Traurigkeit.
Mit dem Auszug der Kinder oder des Kindes fühlen sich viele Eltern plötzlich älter, einsamer und nicht mehr gebraucht. Der gemeinsame elterliche Gesprächsstoff ist weg, und jeder igelt sich schlimmstenfalls in seinem eigenen Seelen- Schmerz ein.
Hier wird auch vom leeren Nest-Syndrom gesprochen, als Markierung für ein gefühltes rabenschwarzes und scheinbar unüberwindbares Tief im Lebenslauf und häufig auch im Beziehungsleben der mittleren Jahre .Das Empty–Nest–Syndrom (ENS, engl. empty nest syndrom) beschreibt Gefühle von Verzweiflung und großer Traurigkeit.
Entsprechend verstärkt wird das Ganze, wenn das mittlerweile ältere Paar sich immer stark auf die Kinder oder das Kind fokussiert hatte und sich darüber mit den Jahren aus den Augen verloren hat. Die zurückgebliebenen Eltern, vielfach priorisiert durch die Mütter, klagen oft über ihre unerträgliche Einsamkeit, und über Gefühle sich sehr alt und des sich sehr bedeutungslos Fühlens, und zwar gefühlt über Nacht. Immer schon berufstätige Mütter fangen sich hier schneller Der traurige Vater flieht häufig vor Allein-Gefühlen in seinen Berufsalltag und wird vielleicht noch schweigsamer.
Ist eine berufliche und später ehrenamtliche Einbindung z.B. in Fördervereinen für Sport und Kultur, Bürgerstiftungen, in der Gemeinde oder auch Kommunal- Politik ablenkend vorhanden, und ebenso ein zuverlässiger Freundeskreis, wird die Situation nicht so extrem depressiv und sinnentleert empfunden.
Halten wir fest, dass Alter nicht nur defizitär bewertet werden sollte
Es ist ziemlich altersunabhängig sich für andere Menschen zu interessieren und die Gefühle anderer zu respektieren und zu verstehen. Und dabei vor allem neugierig zu bleiben. Älter werden ist kein Schicksal, sondern durchaus lebbar.
Glückliche ältere Paare wissen, was sie aneinander haben. Oder auch der Single, der trotz seiner fortgeschrittenen Jahre durchaus damit klar kommen kann, allein zu sein, weil er den anderen zugewandt bleibt und sich in sein Gegenüber emphatisch hineinversetzen kann.