Unser Alltag mit dem Covid19-Virus.

Unser Alltag mit dem Covid19-Virus.

Ich gehe wirklich nicht davon aus, dass das Covid19-Virus unsere Welt total umkrempelt und später nichts mehr so ist wie zuvor. Aber der Virus begleitet uns mindestens so lange bis ein Impfstoff entwickelt wurde und wirksame Medikamente helfen können.Die Impfstoffentwicklung kann bis Frühjahr 2021 dauern! Und bis dahin müssen wir mit etwas Galgenhumor und ein wenig Selbstironie über die Straße zum Nachbarn hin ein lockeres : „Wir leben noch“ rufen, statt uns ständig zu bemitleiden Denn in unserem Teil der Welt geht es uns schliesslich noch ziemlich gut mit Covid-19.

 

Große Fassungslosigkeit dagegen bei europäischen Nachbarn wie Spanien und Frankreich.Aber vorallem Italien trauert um seine Bergamo-Toten.

 

 

Nach wie vor Lockdown.

Nach fünf Wochen strengstem Lockdown und verordneter und meist befolgter Isolation ist offensichtlich, dass tatsächlich nur so die Reproduktions-bzw. Ansteckungsrate des Covid19-Virus mindestens unter 1,0 ( von einem Mensch zum anderen Mensch) zu halten ist. Aktuell ( 24.April ) führte eine niedrige 0,7 Reproduktions- bzw. Ansteckungsrate zu einigen Lockerungen. Wirtschaft und Handel sollen sich nun etwas erholen und die Menschen wieder Perspektiven und Mut bekommen. Theater und Museen, leider auch Tierparks, Kinderspielplätze, Restaurants und Cafes sind allerdings weiter geschlossen. Zu viele Nähe und zu wenig Abstand !

 

 

Vielleicht fördert diese Krise aber auch Trends, die bereits angelegt waren, zum Beispiel die Sehnsucht nach Autorität, um die Unsicherheit dieser Covid19-Virus Zeiten abzumildern ?

 

Lockerungen und Warnungen vor 2. Infektionswelle.

Ladenöffnungen bis 800 Quadratmetern und schrittweiser Schulbeginn sind erst mal- zumindest in NRW- kleinere Schritte in eine gewisse Normalität in einem Leben mit dem Covid19-Virus. Ab Anfang Mai dürfen auch Friseure wieder aufmachen. Wir erfahren erst- leider zeitverzögert- in 14 Tagen welche Folgen die Lockerungen gehabt hat. Besser also sich step by step bewegen oder auf „Sicht Fahren“, heisst es. Hände Waschen und sich nicht ins Gesicht zu fassen, ist den meisten Menschen in Fleisch und Blut übergegangen.

Trotzdem fürchten  Experten durch die aktuellen Lockerungen eine Welle von Neuinfektionen,ein Ansteigen der Reproduktionsrate, vielleicht auch der Sterblichkeit und überforderte Krankenhäuser.

Aber denken wir jedoch weiter positiv ! Hoffen wir auf die Wirkungen von Atemschutzmasken oder selbst geschneiderten Tüchern, die nun vermehrt getragen werden in Geschäften, und das möglichst im eingehalten Abstand zueinander. Nach wie vor bestehen schmerzliche Besuchsverbote der Großeltern für die jüngere Generation. Besonders betroffen sind ältere Menschen in Heimen. Auch  schwer chronisch Erkrankte und Sterbende auf den Intensivstationen können tragischerweise nicht begleitet werden.

 

Nicht nur geschlossene Kitas.

Noch immer hocken Familienmitglieder, Paare, vor allem Alleinerziehende und Singles seit Wochen in verordneter Isolation in ihrem Zuhause. Die Kitas und Kindergärten bleiben zu,vermutlich noch sehr lange, weil das Ansteckungsrisiko beim Covid19- Virus bei den Kleinen und von ihnen ausgehend noch unerforscht ist. Die Betreuungssituation vor allem dieser kleineren Kinder ist eh schon für berufstätige Mütter und Väter mehr als problematisch, und für Alleinerziehende ganz besonders. Vater und Mutter haben vielleicht nun Kurzarbeit und Verdienstausfälle. Viele hatten mehrere Minijobs und haben nun große existentielle Probleme. Auch Solo-Selbstständige bangen trotz finanzieller Soforthilfen um ihre Existenz, je länger die Krise dauert. Menschen die im Tourismus oder im Gastgewerbe tätig sind, sind in einer erheblichen Notlage.

 

Keine guten Aussichten

Überforderte und gereizte Stimmung ist in diesen Zeiten an der Tagesordnung und sorgt nicht gerade für den Familienfrieden, sondern im schlimmsten Fall für häusliche Gewalt, Depression, vermehrte Angst-und Zwangsneurosen, Anstieg psychiatrischer Erkrankungen und eine ansteigende Suizidrate. Auch dies sind noch nicht absehbare Folgen der Corona-Krise.

 

Schicksalhaftes beengtes Wohnen und verordnete Zwangsnähe.

Beengte Wohnverhältnisse  und ein unattraktives Umfeld bieten für große Gruppen der Bevölkerung kaum Chancen der verordneten Isolation und Zwangsnähe zu  entfliehen, zumal selbst die Kinderspielplätze und Betreuungsgruppen, die Sportvereine und Jugendtreffs geschlossen sind. Eine zu enge Wohnung – ohne Möglichkeit wenigstens auf den Balkon zu gehen- kann nun schicksalhafte Folgen haben.

 

Das Aggressionspotenzial wächst.

Denn drinnen steigt das Aggressionspotenzial. Hier entsteht ein Nährboden für häusliche Gewalt gegen Partner und Kinder. Das Dampfablassen im Fitnessstudio oder Sportverein geht schliesslich auch nicht mehr. Im Grüngürtel joggen setzt ein solches Areal voraus. Oft gibt es als Pseudo- Entlastung nur Alkohol oder andere Drogen, welche die Kernprobleme noch verstärken.

 

Schlechtes Krisenmanagement in Covid19-Virus- Zeiten.

Hatte eine Familie bzw. ein Paar schon vor der Krise ein schlechtes Krisenmanagement, war gestört in der Kommunikation und im partnerschaftlichen Miteinander, kann sich dies nun in der Zwangsisolalion des Lockdown verstärken.

 

 

Der Covid19-Virus erlaubt keine Pause von der Familie und vom Partner.

Frauen haben in dieser Situation kaum Chancen den Gewaltszenarien zu entkommen. Die dauerhafte Beschränkung auf einen Ort führt häufig zu Ausbrüchen. Das weiß man auch von Flüchtlingsheimen, in denen viele Menschen auf wenigen Quadratmetern leben müssen. Denn es gibt auch hier keine Pause von der Familie und dem Partner und den Anderen. Das lässt den Stresspegel steigen. Und keiner weiß wie lange es noch dauert. Diese Perspektivelosigkeit löst depressive Verstimmungen aus.

 

 

Die Isolation erzeugt Risiken, die anders gefährlich sind als der akute Virus.

Das Zuhause wird für Viele zu einem gefährlichen Ort, vorallem für Frauen und Kindern mit gewaltbereiten Männern und Vätern. Das Haus und die Wohnung ist einerseits der Ort der Quarantäne, andererseits aber auch ein Ort wachsender Angst,Verzweiflung, Aggression und Wut. Großwohnsiedlungen sind daher eindeutig Gewalt- Hotspots. Hier fehlt es an Geld und Möglichkeiten.Mit den „Tafeln“ konnte man noch über die Runden kommen. Abgesehen davon entfällt nun auch die Schulspeisung und Kinder- Betreuung und damit jegliche Alltags-Struktur der Familien.

 

 

Unfassbare Probleme sicher noch sehr lange nach Covid19.

Kinder vereinsamen und verwahrlosen unter solchen Bedingungen, weil sie sich selbst überlassen sind. Jugendämter haben keine ausreichenden Notdienste. Das Bemühen von Pädagogen Kinder schulisch aufzufangen, geht oft hier ins Leere mangels elterlichem und kindlichem Interesse. Digitaler Unterricht erreichte grundsätzlich bisher nur Schüler mit entsprechendem familiären und materiellen Hintergrund und elterlicher Unterstützung. Hier werden zwangsläufig nachhaltige Bildungslücken und Folgeprobleme entstehen. Der Kinderschutzbund ist daher nicht nur in Aachen entsprechend überangefragt. Oder die freien Wohlfahrtsverbände. Auch die Frauenhäuser sind überall ziemlich überfüllt. Beratungsstellen und psychotherapeutische ambulante Hilfen werden nun hochfrequentiert. Es mehren sich ständig Hilfsanfragen auf meinem Praxis-AB und natürlich wächst die Beanspruchung kostenloser Service-Zeiten in Bezug auf Familien- und Paartherapie.

Aber erst wenn alles vorbei ist, erfahren wir den realen Preis: wie viele Kinder und Frauen geschlagen oder missbraucht wurden und  Opfer von sexueller und körperlicher Gewalt.  Das ist ein unfassbar großes Problem und wird uns leider noch sehr lange nach Covid19 beschäftigen.

 

 

 

Was alles immerhin schon gut funktioniert hat !

Solidarität und Schutz für Risikogruppen,bewusste Distanz, das Anlegen von  Atemschutzmasken, falls selbstgemacht oder endlich erhältlich, und demnächst freiwillige Smartphone-Tracking Apps im digitalen Kampf gegen COVID-19, sind wichtige  Schritte zur Bewältigung der Corona-Krise. Das Nachverfolgen der Kontakte von Virus-Infizierten  ist hoffentlich bald marktreif. Datensicherheit und Datenschutz, für den man immerhin jahrzehntelang gerungen hat, wird nun zugunsten der Volksgesundheit zurückgestellt.

 

Das Covid 19- Virus im Sonnenschein und ein Gefühl von Normalität !

Scheint die Sonne  warm genug, so wie in den letzten Tagen, erscheint die Bedrohung durch den Virus fast irreal. Die Menschen sitzen recht diszipliniert in größeren Abständen- denn auch hier gilt Social Distancing- auf den Bänken um den See  oder im Park, oder auch in der Stadt  und wärmen sich kurz Körper und Seele. Das  Covid 19- Virus und die Corona Krise sind jedoch meist schnell auch hier das Hauptgesprächsthema. Aber etwas in Abstand zu plaudern tut sehr gut, wärmt nicht nur körperlich, sondern stärkt auch das Gemeinschaftgefühl und lässt ein Gefühl von Normalität aufkommen.

 

 

Homeoffice

Homeoffice klingt zunächst komfortabel, ist aber für die betroffenen Familien mit Kleinkindern und Kindern auf Dauer auch sehr belastend. Viele müssen sich mit dem Partner die Kinderbetreuung zusätzlich zum Homeoffice teilen. Für Alleinerziehende stellt sich hier ein kaum zu lösendes Problem. Die Nerven liegen auch hier schnell blank und Beziehungskrisen und Erschöpfung sind vorprogrammiert. Immer mehr wird mir inzwischen darüber telefonisch berichtet. Tag für Tag !

 

Es gibt eben immer mehrere Wirklichkeiten und Wahrheiten. 

Wirtschaftlich besser gestellte Menschen können ihre verordnete Isolation, die Pausen und ihre Freizeit, priveligiert auf Balkon,Terrasse oder im eigenen Garten verbringen. Hier wird dann auch gerne mal von „Entschleunigung“ gesprochen, und man kann mal nebenbei vielleicht die Schubladen aufräumen, während in Alten-und Pflegeheimen und Hospizen die Neuinfektionen vermutlich ansteigen .Es gibt eben immer mehrere Wirklichkeiten und Wahrheiten.

 

Musik im Einsatz gegen Depression und Vereinsamung: Das macht Laune und Mut !

Dass Udo Jürgens mit seinem Song: „Und immer immer wieder geht die Sonne auf“, mal durch Aachener Straße  schallen sollte, hätte ich noch vor einigen Monaten nicht für möglich gehalten. Gesungen von einem Kommissar und begleitet vom Chor der Aachener Feuerwehr, war es eine richtig gute und empathische Aktion.Inzwischen ist der Song  auf allen gängigen Musikportalen abrufbar. Der Erlös geht an „Menschen helfen Menschen“, ein Hilfswerk der AN und AZ. Und auch bei YouTube ist Udos Hit in der Aachener Interpretation anklickbar.

Das macht Laune und Mut !

Im Netz kursieren einige beindruckende Videos z.B. aus Verdis gleichnamiger Oper Nabucco. So würdigen die Italiener ihre vielen Toten, die Kranken und die Helfer. Ihre Freiheitshymne „Va pensiero“ („Flieg,Gedanke“), an deren Ende die italienische Flagge weht, ist Krisen- und Trauerbewältigung auf sehr italienische Weise und ergreifend.

Ebenso passt  Nenas Song „Licht“  in diese Zeiten, genau wie der Song von BAP-Kölsch-Rocker Niedecken: „ Huh die Jläser,huh die Tasse“. Er verbeugt sich mit seinem Lied vor „all denen die uns jetzt den Arsch retten“. Auch Max Giesinger, als Deutschpop-Star, mit: „Nie stärker als jetzt“, will Mut machen.

Silbermondsängerin Stefanie Kloß mit “Machen wir das Beste draus“, übte dafür alleine im Kleiderschrank und der Rest wird -wie jetzt so oft – zum perfekten Song zugeschaltet.Und natürlich : „ You’ll Never Walk Alone“ als Kultsong des FC Liverpool wird europaweit als Zeichen der Solidarität  espielt.

Und schliesslich gab es da auch in Aachen das  Balkon-Singen mit Instrumentenbegleitung für Menschen im Betreuten Wohnen und unzählige andere Aktionen, die Mut machen sollen..

 

Noch etwas Neues : Gemeinschaftserlebnis Autokino !

Tatsächlich kommt das Autokino durch die Krise und den Covid19 Virus wieder in Mode. Insgesamt gibt es in der BRD 16 etablierte Autokinos.Das erste Autokino gab es 1957  in Rom. Das grösste entstand in Connecticut/USA in den 1950/60er Jahren. In Aachen ist auf dem Kirmes-Bendplatz und auch in Aachen-Alsdorf das Autokino bereits per Internet buchbar. Hier werden UKW-Frequenzen genutzt,um den Ton 150m weit in die Autos zu übertragen. Die Dauer ist für zunächst 8 Wochen geplant. So kann man ein Gemeinschaftserlebnis  schaffen und trotzdem im Schutzraum des eigenen Autos  Filme ansehen, tatsächlich eher leichte Kost und keine Dramen oder Thriller heisst es!

 

Verantwortlich mit Covid19-Virus leben.

Und vielleicht ist das letzlich das Entscheidende, dass wir das Beste aus allem versuchen zu machen. Wir müssen lernen verantwortlich mit dem  Covid19-Virus zu leben. Dass unsere Umwelt und unser Planet gerade tief ein- und ausatmet und sich erholt ist ohne Zweifel.Und dass wir aus unserer Getriebenheit herausfallen, zwangsweise entschleunigen, vielleicht achtsamer mit uns und dem Gegenüber umgehen lernen, könnte ebenfalls ein „Krisengewinn“sein.

 

Vielleicht aber kann durch die Pandemie überraschenderweise auch die wirtschafts-und gesellschaftspolitische Wende zum WENIGER  und nicht immer ZUM MEHR eingeläutet werden !

 

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