Erfolgreiche Menschen haben natürlich gefüllte Kalender ! Was für ein klischeehafter Irrtum ! Die Sehnsucht nach Auszeiten ist landläufig bekannt. Dabei dann vielleicht einem lustlos- gähnenden Nichts und ermüdender Langeweile ausgeliefert zu sein, wird meist gern verdrängt. Fazit: auch Nichts- Tun sollte geübt werden ! Umso weniger bedrohlich erscheinen dann die weißen Leerstellen im Kalender. Und Elefanten können wirklich fliegen lernen ! In einem Achtsamkeitstraining wird dies u.a. in meiner Praxis thematisiert.
Der volle Terminkalender- Irrtum : “ Mist, ohne mich läuft nichts !“
Jede Menge Überstunden und ein voller Terminkalender schaffen kurzfristig ein Gefühl der eigenen Unverzichtbarkeit. In Wahrheit geraten wir in eine Zeitfresser- Falle. Hier sorgen wir selbst für unsere ständige Überforderung. Irrelange Arbeitsszeiten und Überstunden sind selten effizient. Tatsächlich geht es dabei ja nicht um die Länge der Arbeitszeit. Es geht vielmehr darum, was in dieser Zeit erreicht wird. Zudem ist ein gut vernetztes und sich prima verstehendes Team hervorragend. Es funktioniert auch ohne uns. Delegationsvermögen ist also gefragt, um Freiräume zu schaffen.
Die Furcht überflüsssig zu sein.
Seltsamerweise können also Urlaub, Freizeit, Ausspannen und süßes Nichts-tun diffuse Ängste auslösen. Und ebenfalls die Furcht etwas zu verpassen. Vielleicht auch die eigene Wichtigkeit infragezustellen, wenn man anderen zeitweilig das Feld überlässt. Überflüssig zu sein ? Oder auch das Schlimmste zu erwarten wenn man aus dem Urlaub zurückkehrt? Dahinter steckt natürlich auch ein gewisses Maß an mangelndem Vertrauen in die Fähigkeiten anderer Menschen.
Der volle Terminkalender beruhigt da wirklich nur vordergründig. Treibt der doch auch dazu an, ein Meeting oder Event ans andere zu reihen. Damit werden Denk- und Atempausen und mögliche kleine Auszeiten leider ziemlich minimiert.
Erschöpfung, Lustlosigkeit und gelangweilte Gereiztheit sind hier häufig vorprogrammiert. Die Corona- Pandemie und das zu enge, erzwungene Miteinander, wurde für viele Paare und Familien zu einer extremen Zäsur. Mittlerweile ist die Zunahme von Trennungen leider auch bei meinen Paar- Therapieanfragen bemerkbar.
Langeweile als Leer-Raum für neue Motivation ?
Langeweile wird häufig nur negativ mit Müdigkeit, Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit, Erschöpfung und Trägheit assoziiert. Oder auch schlimmstenfalls mit Depression gleichgesetzt. Der Zustand der Langeweile kann aber durchaus sehr viel mehr und ist vorallem positiv umdeutbar.
Aus der Entwicklungs- und Lernpsychologie ist bekannt, dass ständig bespaßte Kinder weniger lernmotiviert sind. Sich auch mal langweilende Kinder reagieren oft kreativ .Sie entwickeln oft recht autonom neue Spiele und zeigen schöpferisch-spielerische Herangehensweisen.
Optimierung und Langeweile schliessen sich aus !
Sehnsuchtsziel der meisten Menschen ist und bleibt freie Zeit. Dummerweise wird diese häufig auch mit irgendwelchen Aktionen ausgefüllt, die selten zufriedenstellen. Immerhin hat man es dann aber abgehakt. Der Spaß daran ist häufig wenig bemerkenswert, sondern oft zusätzlich stressend. Privatleben und Urlaubsplanung, inklusive Bewertungswahnsinn, soll schliesslich Risiken durch Kontrolle minimieren. Und natürlich auch hier das optimale Ergebnis bringen.
Optimierung und Langeweile schliessen sich allerdings aus : Denn das eine “ rennt“ bereits atemlos los und das andere bleibt erst mal stehen! Schaut sich achtsam um und atmet mal ruhig durch und schaut vielleicht mal in den Himmel statt nur am Boden zu kleben….
Ständig unterwegs und ständig im Plan ?
Hand aufs Herz, ist die tägliche private und berufliche To-do-Liste nicht immer länger als real schaffbar ? Und gibt es dabei öfter sich überscnneidende Termine, die eine gewisse Unerreichbarkeit produzieren ? Gibt es Termine, die auf einem lasten wie ein schweres Gewicht ? Zumindest müssen andere Menschen oft geduldig warten können. Während man selbst das so garnicht kann ! Der Anrufbeantworter oder Mail-Box plaudert so einiges da aus.
Beziehungen und „gepflegte“ Langeweile.
Es sollte übrigens möglich werden Ihrer ( m ) Partner*in nicht immer gelangweilt einen Korb zu geben, wenn eine gemeinsame Einladung ansteht. Oder gar mal ein spontanes Wochenende als Booster der Beziehung angefragt wird. Also besser nicht ständig fragen, wie krieg ich das denn bloß hin? Eher fragen, macht mir das jetzt Freude? Will ich das unbedingt oder halbherzig ? Doch manchmal ist es günstig, sich lieber mal für „gepflegte“ Langeweile zu entscheiden, statt bereits am Boden liegende Kontakte, Freundschaften und Beziehungen endgültig zu beerdigen..
„Planlose Leere ?“
Die eigene Bedeutung nur mittels eigener Betriebsamkeit zu finden, lässt auch oft recht ungnädige Züge zu Tage treten. Diese können darin gipfeln, dass es nervös macht, wenn der Partner oder die Kinder oder Kollegen mal streckenweise einfach nichts oder etwas weniger effektiv tun. Prompt steht wieder zuviel auf dem privaten To-do-Zettel und raubt nur die Energie für mal etwas Zweckbefreiteres. Spaß macht das jedenfalls selten !
Sogar Shopping wird häufig ebenfalls zum Stressfaktor. Vieles wird hektisch gekauft ohne es wirklich zu mögen, geschweige denn zu benötigen. Regale und Schränke quellen mal wieder über. Ein klimaneutral schlechtes Gewissen stellt sich on top noch dazu ein !
Den kleinen Augenblick achtsam genießen ?
Freude, Lust und Genuß gehen im alltäglichen „Geschwurbel“ häufig- ebenso wie Spontanität- verloren. Die Gier bleibt allerdings oft übrig ! Das Stück Schokolade ausgiebig und genußvoll auf der Zunge zergehen lassen, ist wirklich etwas anderes, als gierig eine ganze Tafel Schokolade zu verschlingen. Hier bleibt letztlich unterm Strich nur noch das schlechte Zuckergewissen übrig. Und der verzweifelte Blick auf die zu eng gewordene Lieblingsjeans.
Achtsamkeit versus Langeweile.
Statt sich über einen langweiligen Regennachmittag zu ärgern, bei dem man zu nichts Lust hat, sollte man mal innehalten. Auch wenn einen die Netflix- Serie anödet, das E-Book anstrengt, das Smartphone nichts Neues bietet, ist das kein Verzweiflungsthema. Selbst wenn der Schrank schon wieder aufgeräumt werden müsste oder auch putzen wieder gänzlich unattraktiv ist. Es ist doch aushaltbar. Selbst Joggen und Fitness öden dann mal an. Und dazu nerven Partner oder die Kinder, die übrige Familie sehr. All diese Befindlichkeiten deuten auf Langeweile hin. Aber auch auf die Chance komplett unproduktiv mal zu uns zu finden.
Bewusst und achtsam radfahren oder spazieren gehen und die Gegend auf sich wirken lassen, oder Terrasse und den Balkon liebevoll neu bepflanzen, in Gartenerde wühlen, ein druckfrisches Buch anfassen, zu schnuppern und zu lesen, statt digitalem Fastfood, ist manchmal hilfreich gegen frustrierende Langeweile. All dies hilft auch wunderbarerweise Stress abzubauen und eine „lange Weile“ die Zeit als kostbares Gut zu nutzen, ohne dass Leerläufe langweilend empfunden werden müssen.
Achtsam im Urlaub.
Achtsam mit sich umgehen kann auch heißen- wenn schon planen – dann kleine Entspannungsfenster bereits vor einem Urlaub und nicht nur nach dem Urlaub einzuplanen. Also nicht alles auf den letzten Drücker zu organisieren und mit heraushängender Zunge im Flieger zu sitzen. Typisch ist daß zum Urlaubsbeginn, wenn der Stress nachlässt, viele Menschen erst mal krank werden. Die Enttäuschung ist dann groß, wenn nun wertvolle freie Zeit krank vergeudet wird. Manchmal zeigt der erschöpfte Körper überdeutlich, was die Seele lange verleugnen kann.
Stille und Langeweile.
Achtsamkeit kann beispielsweise auch bedeuten, Erinnerungen an einen schönen Abend oder Tag zu pflegen. Vielleicht sich mal bei Jemand bedanken ? Oder Fotos auszutauschen, zu archivieren oder einfach mal bewusst die Stille zu genießen. Der Stille zu lauschen ! Hier schliesst sich der Kreis. Stille wird häufig als langweilig empfunden. Betriebsamkeit begrüßt dagegen ständig das Leben, so glaubt man ! Selbst langweilige Wartezeiten kann man als kleine Fluchten nutzen. Oder an Bushaltestellen, am Bahnhof oder Metro, oder am Flughafen Menschen und Abläufe beobachten, hier den Gedanken einfach nachhängen Sich dabei versuchen„ leer zu machen“, d.h.sich dem Nichts hinzugeben.
Ständig werden wir entsprechend berieselt und überflutet. Wir hören ständig Musik und werden mit Informationen überfüttert. Lärm ist überall .Nicht nur Straßenlärm und Baustellengetöse.Stille ist daher etwas Seltenes ! Hier dürfen manchmal die Gedanken ungestört spazieren gehen. Die Kontemplation in einem Wald oder einer leeren Kirche , in einem Park, oder auf einer Wiese, ist individuell und unterschiedlich fühlbar. Mit den besonderen Geräuschen und Gerüchen dieser Orte und deren Stimmung,kann sich manchmal eine gewisse Ruhe einstellen. Wenn auch oft vielleicht nur für Sekundenbruchteile.
Kleine Geistesabwesenheiten können sehr erholsam sein. Und auch, tatsächlich einfach mal sinnbefreit in die Gegend zu schauen, sinnierend abzuhängen und nicht ständig nach dem Sinn und Zweck fragen. Ab und zu vielleicht mal unstrukturiert in den Tag leben, durc hnaus Langeweile registrieren, gleicht einer kleinen Meditation!
Wichtig ist, die freien weißen Flächen im Terminkalender sind gewonnene Freiräume.Und zwar auch für die Familie und den wichtigsten Kern der Lieblingsmenschen.
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