Tabuthema : Pädophilie

Tabuthema : Pädophilie

Aus meinem Alltag als Sexualtherapeutin weiß ich, dass die meisten der sich bei mir meldenden pädophilen Menschen- i.d.R. Männer- vor allem Kopfkino-Täter sind. Damit will ich nichts verharmlosen! Nach wie vor ist Pädophilie ein Tabuthema. Fakt ist, dass diese Art von pädophilen Männern meist am Computer sitzt und sich häufig Bilder und Filme von Minderjährigen anschaut und dabei suchtartig sexuelle Phantasien mit Masturbation auslebt. 

Phädophiler Täter am Computer

Die weitaus aggressivere und gefährlichere Form zeigt sich mit jenen Männern, die sich anonym in Chatrooms bewegen und digital Kontakt aufnehmen. Tatsächlich minderjährige Betroffene werden oft dazu verführt sich real zu treffen oder am Computer sexuelle Handlungen auszuführen. Besonders perverse Versionen drohen schließlich den Kindern oder Minderjährigen häufig mit Folgen, wenn sie nicht tun, was man von ihnen will. Und grausamerweise gibt es dies auch in Familien und  immer in Verbindung mit Gewalt.

Schweigen über Pädophilie und Missbrauch.

Schwer pädophile Sexualstraftäter gibt es häufig nicht nur im Schutz der Familien. Auch im nahen Umfeld, auf  Kinderspielplätzen, Sportvereinen, Schulen, oder auch Kirchengemeinden sind Pädophile aktiv. Oft fallen diese äußerst gestörten, pädophilen Missbraucher jahrelang nicht auf. Der Fall Lügde verweist hier auf ein ganz besonders schwerwiegenden Fall von Missbrauch : Drei Männer haben den Ermittlungen zufolge mehr als zwei Dutzend Kinder im Alter von 4 bis 13 Jahren auf einem Campingplatz sexuell über Jahre missbraucht. Diese total kranken Menschen benötigen psychiatrische Hilfe in der Forensik von Landeskliniken. Hierhin kommen sie nach einer gerichtlich verfügten Einweisung und Verurteilung mit lebenslanger Beobachtung in der Sicherheitsverwahrung.

Pädophiler Tatort Kinderspielplatz

Das heißt aber auch, dass Menschen mit pädophilen, aber nie ausgelebten Neigungen aufgefangen werden müssen, ehe real Schlimmeres passiert und man dann tatsächlich von “Tätern” sprechen muss. Vorausgesetzt sie gehen überhaupt aus ihrer Deckung und bekennen sich trotz Stigmatisierung und Hass zu ihrer Pädophilie. Das ist der individuell schwerste, aber erste Schritt ! 

Die Kopfkino -Täter und die Konfrontationstherapie !

Ganz klar ist, dass zum Schutze der Kinder beim Thema Pädophilie, die gesellschaftlichen Grenzen keinen Millimeter verrückt werden dürfen. Andererseits sollte die “andere Seite” nicht völlig ins Abseits rücken. Pädophile gleichen gewissermaßen Süchtigen, die ihrem Drang bis zu einem gewissen Grad ausgeliefert sind. In einer harten Konfrontationstherapie muss ein pädophil denkender Mensch vor allem die Folgen seines Verhaltens einschätzen lernen. Und günstigstenfalls lernen sich selbst Grenzen zu setzen ! 

Die Maske der Pädophilie

Unabwägbarkeiten im Verhalten machen bekanntlich den Umgang mit schweren Sexualstrafdelikten oft unberechenbar. Liegt schwere Pädophilie vor, ist es oft nicht möglich therapierend zu helfen, sondern nur stetig die Folgen des Verhaltens präsent zu machen und sie wach zu halten. Und den Betroffenen zeitweise oder lebenslang wegzusperren! Vermeintlich gute Prognosen haben nicht selten hier zu frühzeitigen Entlassungen und damit zu sofortigen Rückfällen geführt. Aber eben nicht immer!

Pädophilie und Bestrafung.

Ein pädophiler Mensch mit Verfehlungen, die nachweislich nur in seinem Kopf statt gefunden haben, sollte nicht automatisch auf der Verurteilten-Bank Platz nehmen. Diesem Rechts- Verständnis und Grundsatz hängt übrigens auch jeder verantwortungsbewusste Anwalt oder Verteidiger nach.

Der pädophil fühlende Mensch, dem ich in meinem Praxisalltag als Sexualtherapeutin begegne, befindet sich in einem Art Vorraum der Pädophilie und stammt aus allen sozialen Schichten. Mit Vorraum meine ich die Kopf-Kino-Täter, die sich in Realität niemals einem Kind oder jungen Menschen sexuell nähern würden, aber im Kopf alles vollziehen, was machbar ist. Tiefe Schuld- und Schamgefühle und das Wissen nicht in Ordnung zu sein, können hier ungemein quälen und zur Therapie motivieren.

Das schlummernde Potenzial- auch bei den Kopf-Kino-Tätern- ist dabei jedoch nach wie vor ein immer wieder kontrovers diskutiertes, weil sehr gefährliches Thema.

Pädophilie und die Politik

Die studierte Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin Ye-One Rhie, (Jahrgang 1987 ), müsste sich als frühere Aachener SPD-Ratsfrau und inzwischen gewähltem Mitglied des Bundestages ( seit 26.September 2021) eigentlich ganz besonders gut der Deutlichkeit ihrer Worte bewusst gewesen sein. Ihre Stellungnahme und Haltung zum Thema Pädophilie schlug jedenfalls um 2015 herum bis heute hohe Wellen, und nicht nur in den sozialen Netzwerken.

In ihrem Facebook-Profil äußerte sie kontrovers diskutierbare Thesen : Pädophilie ist immer noch ein Aspekt der Gesellschaft, über den viel zu häufig geschwiegen wird. Pädophil zu sein ist keine Entscheidung, die ein Mensch bewusst trifft…(..)Trotzdem müssen die meisten Pädophilen ihr ganzes Leben lang mit einer unvorstellbaren Stigmatisierung und Vorverurteilung leben.“ 

Ihrem SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warf damals  Ye-One Rhie  Aufklärungs- und Unterstützungs- Versäumnisse bezüglich der Pädophilie- Debatte vor, weil dies schließlich zur weiteren Stigmatisierung beitragen würden. Hier lehnte sich Frau Ye-One Rhie ziemlich weit aus ihrem Parteifenster. Man hatte aber gerade den Kinderporno- Skandal um den SPD- Politiker Edathy zu bewältigen, bei dem u.a. Bild- und Filmmaterial von unbekleideten Minderjährigen gefunden wurden. Ein Skandal !

Strafrechtlich keinerlei Folgen.

Hierfür konnte  der Politiker Edathy strafrechtlich zwar nicht belangt, aber moralisch abgrundtief verurteilt werden. Edathy hat sich allerdings viel zu spät zu seiner moralischen Schuld geäußert. Dass sei schließlich nicht mehr vereinbar mit einer Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag oder mit einer SPD-Mitgliedschaft.., so der damalige Parteichef Sigmar Gabriel dazu. Tatsächlich kam es aber zu diesem Parteiausschluss nicht.

Es kam zu einem Vergleich. Edathy lässt seine Rechte als Parteimitglied zunächst für 5 Jahre ruhen. Das Strafverfahren wegen Besitz pornografischen Materiales wurde mangels strafrechtlicher Relevanz gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Damit gilt er juristisch weiter als unschuldig und ist nicht vorbestraft! Das hat das Ganze natürlich noch mehr aufgeheizt.

Heute lebt Edathy im Exil am Rande einer arabischen Stadt. Dort hin ist er wegen massiver Morddrohungen gezogen. Die Zeitung „Welt“ veröffentlichte 2016 eine Stellungnahme Edathys. Er berichtete aber auch dem SZ-Magazin, dass man ihn „noch kleiner als ein Atom“ machen wollte. Er hätte vermutlich eine Borderline-Erkrankung, die ihn strukturell zu seinen Verfehlungen getrieben habe erläutert er der Presse. Ich zweifle stark an, dass der Erwerb von Nacktbildern und Filmen mit Kindern und Jugendlichen wirklich über diese Vermutung oder Diagnose von Borderline eindeutig erklärbar ist.

Aktuell gibt er nun seine Verlobung mit seinem homosexuellen Partner bekannt.

Zwar propagierte die SPD- Frau Ye-One Rhie selbstverständlich damals wie heute, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen an oberster Stelle zu stehen habe, verweist aber fairerweise auch auf die dunkle andere Seite. Das machte sie wohl nicht nur politisch suspekt. Entsprechend vernichtend reagierte damals auch die Presse, z.B. die linke überregionale Zeitung taz.

Suspektes Netzwerk „Kein Täter werden“ ?

Der Psychologe Dr. Christoph J. Ahlers, der für das Netzwerk “Kein Täter werden” tätig war, äußerte sich offen am 03.03.2014 gegenüber der linksliberalen Zeitung : „Der Freitag“ dazu  : “Niemand konnte sich vor hundert Jahren vorstellen, dass ein Politiker sagt: Ich bin schwul. Heute ist undenkbar, dass ein Politiker sagt: Ich bin pädophil. Da sind wir noch nicht.“[

Das Netzwerk Betroffener (netzwerkB), als Interessenverband Betroffener von sexualisierter Gewalt, kritisiert diese  Anlaufstelle “kein Täter werden” grundsätzlich als ziemlich verharmlosenden Versuch. Es soll vom Problem der Pädophilie abzulenken! Was als Unterstützungs-und Präventionsangebot gedacht ist, wird als etwas Gefährliches hochstilisiert, was aber meiner Meinung nach ein grober Denkfehler ist.

Prävention und Pädophilie.

In einer präventiven Therapie von pädophil veranlagten Menschen geht es um den Versuch, der Kriminalisierung vorzubeugen. Aber solide Anlaufstellen sind nach wie vor rar, weil es das Thema öffentlich möglichst nicht gibt. Es ist nach wie vor ein Tabu ! Andererseits kann man sich erinnern, wie schwer es sich die Gesellschaft mit Homosexuellen, Aidskranken und sexuell anders orientierten Menschen und überhaupt Minderheiten machte. Und wie lange es brauchte oder noch braucht, um hier überhaupt einen Hilfsanspruch anzuerkennen. Und keiner Vorabverurteilung und Stigmatisierung weit die Tore zu öffnen.

Schnell gerät derjenige oder wie damals die SPD-Ratsfrau in Aachen, Ye-One Rhie , ins Kreuzfeuer der Kritik. Wer eine gewisse Sensibilität gegenüber der Pädophilie zeigt, so wie die Politikerin, leistet einer schleichenden Entkriminalisierung Vorschub, so heißt es vereinfachend.

Therapeuten, die sich professionell mit Pädophilen beschäftigen, geraten damit aber auch unter Generalverdacht. 

 

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