Mit meiner Trauer weiterleben ?

Mit meiner Trauer weiterleben ?

Es ist wichtig so zurückhaltend wie möglich über Suizide und Suizidversuche im familiären Umfeld zu schreiben. Die hohe Nachahmerquote ist schliesslich ein bekanntes Thema. Selbsttötungen weisen immer auf eine scheinbar auswegslose Situation der Betroffenen hin. Partner,Kinder,Geschwister oder Eltern stellen sich oft die Frage, wie sie lernen können mit der Trauer und dem Verlust und ihren Schuldgefühlen weiterzuleben. Ein Suizid in der Familie ist häufig sehr traumatisierend und hinterlässt auch nach Jahren deutliche Spuren in der Familiengeschichte und den Biografien.In der Pandemie sollen Suizidversuche und vollendete Suizide dramatisch zugenommen haben. Zuverlässige Zahlen wird es allerdings darüber erst 2022 geben.

 

Trauer bei diesem Mann

 

Wie mit Verlust und Trauer umgehen ?

Es gibt durch die Pandemie inzwischen viele Online- Beratungsangebote und digitale Trauergruppen. Das analoge odere digitale Gespräch über das Geschehen vermindert für Hinterbliebene, sei es mit Freunden oder mit professionellen Therapeuten, das Gefühl des völligen Alleinseins auf ein erträgliches Maß. In meiner therapeutischen Arbeit mit Trauernden- auch spezifisch nach einem Suizid in der Familie- erlebe ich oft, wie schwer es Trauernden fällt sich zu öffnen.Trauer macht manchmal stumm!  Es kann jedoch sehr erleichtern einen Brief an den Menschen um den man trauert zu schreiben und darüber mit jemand zu sprechen. Der digitale Besuch von Selbsthilfegruppen ist für Suizidhinterbliebene immer – vorallem jetzt in Pandemie- Zeiten – ebenfalls eine denkbare Form von Trauerarbeit.

 

 

Trauerverarbeitung oder bereits eine Trauerstörung ?

Weiter damit leben lernen und sich ohne den nahen Menschen zurechtzufinden, ist mit enormer Seelenarbeit verbunden, zumal gerade dann wenn dieser Mensch freiwillig und oft ohne Vorankündigung aus dem Leben schied. Menschliche Trauer ist wichtig und normal. Viele trauern auch noch nach einem Jahr oder auch viele Jahre, hier wurde irgendwann aus einem Trauerprozess ein Trauma . Häufig kommen heftige Schuld-und Schamgefühle hoch. Was hätte ich tun können ? Wie hätte ich es verhindern können? Habe ich zu wenig auf frühe Anzeichen geachtet?  Immerhin sind es auch oft Familienmitglieder, welche die verstorbene Person finden oder identifizieren müssen. Manche schweigen lebenslang. Schliesslich fragt natürlich auch anfänglich das Umfeld nach, wie das denn passieren konnte. Worauf es oft keine Antwort gibt.

 

Trauernde Eltern im Schweigen auf Bank.

 

Der behinderte Trauerprozess und Tabus.

Scham- und Schuldgefühle über den Freitod eines geliebten Angehörigen bremsen und behindern den Trauerprozess. In nicht wenigen Familien wird über das Thema geschwiegen und Tabus entstehen. Es ist nachvollziehbar dass dann möglichst auch Orte, Situationen und Dinge gemieden werden,welche an den Menschen erinnern. Die begleitende Depression wird oftmals von erdrückender Verantwortung für das Geschehen begleitet. Denn ein Suizid kommt immer plötzlich, gewaltsam und meist unerwartet. Enge Freunde, Partner, Väter ,Mütter, Kinder und Geschwister tragen häufig an der psychischen Last bis zum Zusammenbruch. Panikattaken und Depressionen können hier durchaus auch mögliche Überforderungsreaktionen sein. Selbst Kollegen und berufliche Beziehungen reagieren hilflos und fassungslos auf den Freitod.

 

 

In die psychosomatische oder psychiatrische Klinik als Weg aus der Trauer ?

Haben sich Familien für das Schweigen und damit für ein Tabu entschieden, stehen sie nicht nur unter dem Eindruck des Verlustes eines nahen Menschen, sondern sind auch häufig mit der Stigmatisierung der Gesellschaft konfrontiert. Es gab  vor dem Freitod mit Sicherheit ungeklärte Konflikte und nie beantwortete Fragen, was die Schuldgefühle wiederum befeuert. Menschen in der Nachbarschaft vermeiden häufig  aus Respekt und Höflichkeit oder aufgrund einer gewissen Hilflosigkeit nachzufragen. Auch manche freundschaftlichen Kontakte werden plötzlich erschwert, weil das Thema des Suizids einfach zu beklemmend ist. Der soziale Rückzug einzelner Familienmitglieder oder der gesamten Familie, löst wiederum eine Spirale von Vorbehalten aus. Trauernde fühlen sich oft so, als hätten sie eine ansteckende Krankheit.

 

 

Mitmenschen gehen bei suizidalem Geschehen unbewusst auf Distanz und unterstützen damit die Isolation der Hinterbliebenen. Selbst einige Jahre nach einem Freitod in ihrer Familie können sich Hinterbliebene von Mitmenschen noch entfremdet fühlen. Kleine Gesten des Verständnisses und der Annäherung könnten hier Brücken bauen. Auch Selbsthilfe-Trauergruppen sind  ein guter Weg um in einen anderen Alltag zu finden. Manchmal ist es jedoch noch effektiver eine Klinik aufzusuchen, die posttraumatische Trauerreaktionen behandelt, i.d.R. sind das psychiatrische oder  psychosomatische Kliniken. 

https://www.ukm.de/fileadmin/ukminternet/daten/kliniken/psychiatrie/Dokumente/Internettherapie.pdf

 

 

 

 

 

 

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