Fremdgehen

Fremdgehen

Warum Menschen Fremdgehen obwohl sie sich Treue versprochen haben.

Im Prinzip möchten wir alle etwas Paradoxes : Stabilität und gleichzeitig Freiheit ohne Fremdbestimmung und bitte dann keinesfalls Fremdgehen und Untreue. Genau betrachtet steckt im Fremdgehen bereits das Thema der Entfremdung. Wir versprechen uns als Beziehungsbekenntnis Treue und damit eine tiefe Verbindung  und entfremden uns im Paaralltag dann trotzdem voneinander. Das hat viel mit überfrachteten Erwartungen zu tun. Wir erwarten vom Partner ständig Vertrauen, Zutrauen, Loyalität und intensives Kümmern ohne Kontrolle. Denn immerhin haben wir uns ja füreinander durch ein Ritual- vor „Gott  und den Menschen“ oder auch ohne Institution, also für eine monogame Beziehung entschieden und der sexuellen Exklusivität durch das Ja zueinander zugestimmt. Das schützt uns allerdings nicht vor Fremdgehen. Im Gegenteil.

Oft  lassen wir vieles einfach nur laufen und tun zu wenig dagegen. Das ist verkürzt die banale  Antwort auf die obige Frage, warum Menschen Fremdgehen obwohl sie sich Treue versprochen haben, oftmals mit schönen Ritualen und häufig im festlichem Rahmen. Das soll nicht heißen, dass Fremdgehen erlaubt werden sollte, aber vielleicht doch erklärbar, was schliesslich überhaupt Sinn dieses Blogs ist.

Monogamie  heisst auch : Viele Erwartungen müssen von einem einzigen Partner bedient werden.

Problem bei der idealisierten Form der versprochenen Treue „vor Gott und den Menschen“ oder auch solchen ohne kirchliches oder amtliches Ritual, ist die Projektion auf den Beziehungspartner. Oft sollen sehr viele Erwartungen und soziale Rollen von einem einzigen Partner bedient werden, was meist als irreal in die „Hose geht“. Rechtlich gesehen sichert Monogamie zunächst mal die väterliche Linie und verspricht  Frau zwar eine Portion unromantische, aber vor allem wirtschaftliche  Sicherheit, zumal auch als Mutter gemeinsamer Kinder.

Und so banal es klingt : das Geheimnis  funktionierender Partnerschaften liegt im ständigen, echten Interesse und akzeptierender Wahrnehmung des anderen.

Paartherapie und Sexualtherapie für junge und ältere Paare.

Als Paar-und Sexualtherapeutin treffe ich häufig auf Paare, die alles für Job und Familie, Urlaubs-und Hobby- und Fitness-Finanzierung , die Bildung der Kinder, eigene Fortbildung oder das ersehnte Eigenheim geben. Oft verbleibt für den Partner kaum noch Energie. Gleichzeitig klagen diese oft noch jungen Paare, auch über ihre gemeinsame Langeweile nicht nur im Bett und schlicht über ihre ständige Überforderung.

Für ältere Paare wird das Intim-und Paarleben oft auch nicht gerade einfacher. Vgl. Blog: Depression im Alter: die Depression der späten Jahre Zumal die Manneskraft mit Alter und Medikamenten, wie solche gegen Bluthochdruck, Diabetis, Herzerkrankungen oder Depression sukzessive abnimmt, während die hormonelle Situation mittelalter Frauen eher Entspannung zulässt, aber weniger befriedigt wird. Männer sind zudem lebenlang ziemlich phallus-und ergebnisorientiert und sicherlich gibt’s es dann auch die eine oder andere Torschlusspanik, um sexuell noch Mal durchzustarten. Typischerweise vielleicht auch mit der jüngeren Partnerin. Dabei bieten Fremdgehen oder auch eine längere Affäre für den Betrügenden nur eine Scheinlösung an. Er oder sie steht immer zwischen den Türen, lebt in zwei Realitäten und wagt daher oft keine klare Ansage und Entscheidung.

Fremdgehen bei älteren Paaren

In Würde weiter miteinander zu leben, gerade oder doch noch nach einem Fremdgehen, und Betrug des langjährigen Partners, ist ungemein schwierig. Vgl.: Ältere Beziehungen in der Krise. Äffären werden von leidgeprüften Partnern oftmals in den Alltag hinein integriert oder verbleiben zu lange tabuisierter Stoff für jahrelange Heimlichkeiten und  Doppelleben. Immer erfährt der Betrogene das als Abwertung.

Je nach Lebensalter leidet man sowieso unter  Krankheiten und  Einschränkungen und einer gewissen gegenseitigen Abhängigkeit. Diese wird nun bewusster. Fakt ist, wenn ein Partner eine jahrzehntelange Beziehung wegen Fremdgehens aufs Spiel setzt, hat das meist nichts mit entflammter Liebe zu tun, sondern oft mit dem egoistischen erotischen  Wunsch nach Freiheit und  Abenteuer.

Dafür werden manchmal Grenzen schmerzhaft  überschritten. Andererseits gibt es auch  Paare die nach einem Fremdgehen wieder zusammenfinden, weil  sie nicht gleich alles in die Tonne werfen wollen. Im Einzelfall kann das Fremdgehen aber auch Aufbruch und Signale für die Beziehung setzen. Fremdgehen vermag erstarrte Beziehungen bewegen. Oder in das gefürchtete oder auch ersehnte Aus führen.

Fremdgehen weil der Sex fehlt?

Auch wenn man nicht mehr miteinander schläft, ansonsten aber eine respektvolle Beziehung führt, vielleicht als Team, sollte Fremdgehen nicht als „elegante“  Lösung betrachtet werden, dafür hat man zuviel miteinander erlebt. Immer sollte als erstes das darüber gesuchte Gespräch die eigene Unzufriedenheit outen.

Das Schweigen zwischen den Partnern, die Einsamkeit, Rückzug  und Selbstzweifel, aber auch ständige Ping-Pong-Streitereien über „Pille-Palle“ und abwertende Streitmuster, befeuern Fremdgehen genauso wie fehlender Sex.

Wenn ein Paar glaubt eigentlich Sex haben zu wollen oder doch noch zu „müssen“, es das aber absolut nicht mehr hinbekommen kann oder will, sollten beide ins Gespräch darüber kommen.  Und es aussprechen !  Möglichst bevor einer Fremdgeht ! Hier ist übrigens der klassische Zeitpunkt, um in eine Paartherapie oder Sexualtherapie oder Beziehungscoaching zu starten.

Sexualtherapie, Therapie Aachen

Fremdgehen auch aus banalen Gründen ?

Vielleicht gibt es manchmal auch sehr banale Gründe für das Fremdgehen. Vielleicht ist er ihr zu dick geworden oder sie riecht für ihn nicht mehr gut. Oder sie oder er ist zu fordernd oder zu wenig liebenswert, sie kümmert sich nur um die Kinder, weniger um ihn. Oder er nimmt sie nicht mehr als Frau wahr, oder er fühlt sich unsichtbar. Solche Wahrnehmungen sind spätestens in einer Paartherapie aussprechbar. Sie liefern aber nicht zwangsläufig einen Trennungsgrund. Sehr häufig wird fehlender Sex, Lustlosigkeit und Sprachlosigkeit, neben typischen Streitmustern des Paares, in der Therapie zur Sprache. Es gibt allerdings auch hier Klischees und oft  irreale Erwartungen, die besprochen werden müssen.

Fremdgehen hat auch etwas mit dem tiefen unbewussten Wunsch nach Selbstaufwertung zu tun.. 

Fremdgehen und der „phantastische Andere“ werten ungemein auf. Insofern kann beim Fremdgehen oft auch von narzisstischer Selbstaufwertung gesprochen werden. Wenn solche  Gefühle dominieren, steht die alte Beziehung im Vergleich zur neuen, ziemlich im Schatten. Denn eine möglichst  lebenslang funktionierende Beziehung mit dem tollen Liebhaber, der ewigen Geliebten, mit unserer Seelenhälfte oder dem immer besten Freund und liebendem Elternteil, ist ständigen, gesellschaftlichen und persönlichen Brüchen unterworfen und daher kaum realistisch. Der tiefe Wunsch nach Selbstaufwertung wird sicherlich zunächst mal eher kurzfristig beim Fremdgehen beantwortet. Und zum Thema der offenen Partnerschaften in diesem Kontext : Sie bieten noch nicht mal im Ansatz Antworten auf die typischen, partnerschaftlichen  Glücks-und Zufriedenheitsfragen. Wie Kinder in dieses System integrierbar sind, bleibt fragwürdig und spielt sehr mit Aspekten einer verlogenen doppelten Moral.

Beim Fremdgehen erwischt !

Wenn ein Paarteil seine persönliche Freiheit sucht und vielleicht auch findet, geht es nicht nur um diese Tatsache. Aber das ist zumindest die Ausgangssituation von einer Paartherapie. Meist stellt sich bald heraus, dass es nicht nur um Betrüger und betrogenen Partner geht, sondern auch um die Familien und Freunde des Paares. So lange es noch ein geheimes Fremdgehen  ist, prickelt es im Verborgenen und  ist schon alleine deshalb attraktiv. Wird Mann/Frau beim Fremdgehen erwischt, wird sich häufig schnell der sozialen  Mitwelt, Freunden und Verwandten erklärt und auch die Kinder, je nach Alter, zu detailreich einbezoge

Das aber kann  manchmal den Reiz komplett nehmen, aber genauso auch Tatsachen und Befindlichkeiten schaffen, die nicht mehr wegzudiskutieren sind. Wurde ein Partner nach einer längeren bis sehr langen Paarzeit beim Fremdgehen erwischt, vielleicht sogar nachträglich, ist wichtig in der Therapie nicht nur diese Affärenzeit anzuschauen, sondern die gesamte Eltern-und Paarzeit  als Lebensleistung des Paares mit unersetzbaren Erinnerungen und Erfahrungen anzusehen. Nicht alles ist also gelogen wegen einer Affäre oder Fremdgehen und nicht alles wertlos !

Ilusion eines intakten Paar-und Familienlebens.

Für manche Paare erscheint es oft sehr wichtig zu sein, selbst den größeren oder schon erwachsenen Kindern die Ilusion eines intakten Paar-und Familienlebens lange zu erhalten, statt sich kindgerecht und nicht zu detailreich zu verantworten. Das ist dann übrigens auch schon jahrelang  eingeübt, aber nicht weniger für alle Betroffene belastend. Der Kinder wegen sollte man ( eigentlich ) niemals zusammen bleiben.

Wie offen sollte oder muss ich eigentlich beim/nach Fremdgehen sein? 

Beim Fremdgehen erwischt zu werden, wirft für Partner immer die gleichen Fragen auf : Ich weiß jetzt, dass sie oder er mich betrügt. Sie oder er weiß nun, dass ich Fremdgehe, was mache ich jetzt ? Soll ich völlige Ehrlichkeit verlangen bis ins Detail und  ganz transparent antworten ? Ist es nicht normal das Handy und die Mails oder Whatsapp oder Facebook, seinen/ihren Laptop  zu checken? Soll ich nicht möglichst viele Bekannte und Freunde darüber oder auch die Kinder unterrichten ?

Nur kurzfristige Genugtuung

Nun, das detailreiche Outen bringt sicher nur kurzfristige Genugtuung für den betrogenen Partner, langfristig ist es nur schädlich. Kinder sollten nicht mit dem einen oder anderen Elternteil ins Bündnis gehen müssen, das aber geschieht zwangsläufig bei solchen Aktionen.

Männlicher und weiblicher Betrug bzw. Fremdgehen

Wenn ein Mann betrügt wird das gesellschaftlich eher goutiert, als wenn Frau es tut. Ein betrügender  Mann gilt zunächst mal als „Schwein“oder auch ganzer Kerl, je nach Sichtweise und die betrogene Frau eher als Opfer und abhängig, vor allem wenn sie  beim Betrüger bleibt. Dem Mann nimmt man eher übel, wenn er bei der betrügenden Partnerin bleibt. Das gilt nach wie vor als unmännlich !

Unterwerfung-Dominanz-Lust

Die Affäre

Hier liegt meist schon mehr als ein Ausrutscher oder mal ein Fremdgehen vor. Es gibt Partner , die lebenslang – neben der offiziellen Partnerschaft- immer wieder Affären haben und mit der Leidensfähigkeit ihrer Partner rechnen konnten. Ein notorischer Betrüger oder die Betrügerin hat daher oft ein Doppel-Leben geführt, und kann im pathologischen Fall eine narzisstische Persönlichkeitsstörung haben, unter der er oder sie am wenigsten leidet, sondern vor allem seine Sozial- und Beziehungspartner. Ein notorischer Betrüger, reden wir hier mal vom klassisch-männlichen Exemplar, hinterlässt oft eine Spur seelischer Verwüstung in Frauenseelen

Frauen und Männer wollen im Prinzip das Gleiche, nämlich respektvoll wahrgenommen werden, gebraucht und gewollt und wirksam für den anderen sein und vor allem zärtlich berührt  werden. Männer holen sich aber genau das auch über Sex. Frauen dagegen leben mehr in ihren Gefühlen, brauchen Gespräch und Vertrautheit noch vor Intimität, denn die meisten haben es so gelernt. Dass Frauen immer Liebe wollen, aber nur Sex bekommen, ist allerdings auch eine Frage der Perspektive. Für die männliche  Sicht ist Sex durchaus auch Ausdruck von Gefühlen, aber nicht nur innigen, sondern auch ziemlich animalischen.

Mehr Energie in die bestehende Beziehung stecken statt ins Fremdgehen?

Wenn fast alle Kraft in den Job fliesst, und wenn allen Gefühlen  und Befindlichkeiten der Kinder nur mit purem, demokratischen Verständnis und weniger hilfreichen  Regeln begegnet wird, bleibt oft für die Paarbeziehung nur ein kleiner aktiver Rest. Eine Affäre weckt schliesslich oft genau diesen schlummernden Rest . Es ist dabei durchaus bemerkenswert, wie Mann oder Frau sich dann deutlich und oft rein äusserlich bemerkbar  bemühen, Eindruck auf den attraktiven Dritten auf der Beziehungsbühne  zu machen.

Meine Arbeitshypothese hierzu lautet : Wenn Paare die hier gezeigte Energie statt in die Affäre und das Fremdgehen in die eigene Beziehung stecken würden, sich somit wieder füreinander  interessieren, sich zuhören und sich für den anderen hübsch machen und wieder Komplimente machen würden, gäbe es das Thema des Fremdgehens und der Untreue nicht so oft.

Ehe man jedoch den moralischen Stab über untreue Zeitgenossen bricht, sollte man versuchen zu verstehen, was da eigentlich mit Menschen in Beziehungen passiert, in denen Fremdgehen vorkam. Untreue, Affären und Fremdgehen sind immerhin in eine gewisse Paar-Historie und einen gesellschaftlichen Kontext eingebettet und damit ein universelles  Phänomen, welches in allen Gesellschaften vorkommt. In einigen werden allerdings  auch noch heute untreue Frauen radikal mit mittelalterlicher Steinigung, Peitschen und Todesstrafe bestraft. Sind wir also zufrieden in einer Gesellschaft zu leben, wo zumindest dies  zum Glück völlig ausgeschlossen ist.

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