Unsere Welt befindet sich im rasanten Wandel und überholt sich ständig selbst. Alles unterliegt dem Diktat der Effizienz und büsst dafür durchaus mit Entmenschlichung. Sofortlieferdienste wie Gorilla oder der Fahrdienst : Uber sind nur kleine alltägliche Beispiele für erleichternde Dienste, bei denen eine intelligente Software und kein Mensch Weisungsbefugnis erhält. Kein Chef fragt hier danach wie es wohl der Familie geht, weil es ihn nicht gibt. Wer die Effizienz-Quote nicht erfüllt, wird zurückgestuft. Aufträge werden nicht mehr erteilt und man wird- ebenfalls automatisiert – per E-Mail entlassen. Der Selbstausbeutung sind somit alle Tore geöffnet.
Der „Life-Hack“ als umgangssprachliche Floskel und die zugrundeliegende Effizienz- Ideologie.
Auch so ein englischer Begriff : Der „Life-Hack“, der vieles meint, z.B. ein den Alltag erleichterndes Vorgehen, Kniffs oder Ratschläge um alles im Zeitplan zu optimieren und planen zu können. Und all dies sollte möglichst auf einem kreativen Lösungsansatz beruhen. Diese Effizienz-Ideologie setzt sich schliesslich auch beim Thema der Selbstoptimierung durch. Diese treibt aktuell bei einer grünen Kanzlerkandidatin mit geschöntem Lebenslauf und Schummelpotential seltsame Blüten. Instagramm&Co bieten schliesslich für Jedermann Plattformen für Selbstdarstellung und damit auch Selbstoptimierung. Haben aber auch Suchtpotential.
Multitasking als ineffizienter Life-Hack ?
Prinzipiell ist jede junge Mutter oder Vater grundsätzlich multitaskingfähig, einfach weil es notwendig ist. Sie sind damit gleichzeitig auch klassische Life-Hacker. Multitasking, mit mehreren zeitgleich laufenden Tätigkeiten, wurde noch vor nicht allzu langer Zeit als ineffizient analysiert. Andererseits hat sich das Nebeneinander von sozialen Rollen und Tätigkeiten, gerade durch Corona und Homeoffice extrem verstärkt. Damit wurde auch die Effizienzthematik erneut wieder in Szene gesetzt.
Oftmals „hacken“ wir uns doch selbst unablässig durch unseren Alltag. Vielleicht um noch den Abwasch, das Telefonat mit der Omi, das Stretching oder die Präsentationsvorbereitung, oder auch das Assessmentcenter schon etwas vorzubereiten. Daneben das Essen mit der Familie oder Treffen mit Freunden draußen zu organisieren, und dies alles- neben dem üblichen Arbeitsablauf- ins Homeoffice oder fast wieder normalen Büroalltag mit ständigem Mini- Headset im Ohr zu integrieren. Und dann noch das Einkaufen oder Joggen oder inzwischen wieder Fitness-Studio zwischendurch ebenfalls einzuplanen. Nur keine vergeudete Zeit !! Wir nutzen jeden Trick um noch effizienter im persönlichen Lifehack zu sein. Berufstätige Menschen, Singles oder Paare, Freelancer und Selbständige, Eltern und Alleinerziehende, also im Prinzip all jene Menschen, die viele Rollen- Erwartungen erfüllen wollen, wissen per se wovon ich hier jetzt schreibe.
Die Kehrseite der Medaille.
Daß zuviel Action und Kontrolle – und Covid-19 ist zu einem überproportionalen, gesellschaftlichen Controller mutiert – daß dies alles auch krank machen kann, ist eine Binsenweisheit. Überforderte Menschen leiden unter psychosomatischen Störungen, schlafen grottenschlecht, leiden nachweislich und verstärkt unter Zwängen, Ängsten, Suchtproblemen, wachsendem Aggressionspotential, großer Einsamkeit, Depressionen und Burnout. Zuviel Effizienz und Optimierung in unserer profitgeleiteten Gesellschaft, stehen häufig in einem krassen Missverhältnis zur Mitmenschlichkeit und Solidarität. Wie wichtig für uns Menschen und Interaktion sind, ist vielen durch die Corona-Zeit klarer geworden.
Homeoffice und Effizienz.
Im inzwischen Corona- geübten Homeoffice sollte natürlich alles optimiert ablaufen, um durch ein multifunktionales Agieren aller Beteiligten die Wehmut über die menschliche Präsenz vergessen zu lassen. Was natürlich nicht möglich ist. Der unkomplizierte Plausch und Austausch beim Kaffee mit der Kollegin oder Kollegen fehlt. Per Videoschalte ist es dann eher doch „kalter Kaffee…“ Mit den drei G- Regeln klappt das inzwischen in Präsenz nicht unbeschwert, aber man sieht sich wenigstens life. Davon abgesehen kann es wieder heilsam sein in Präsenz Kollegen zu sehen und zu sprechen und wirklich dann in den Feierabend zu gehen. Homeoffice hat nebenbei gesagt auch für endlose Arbeitszeiten gesorgt, weil natürlich ständig versucht wurde, allem gerecht zu werden, was naturgemäß Grenzen hat !
Robotersysteme und Künstliche Intelligenz umgeben uns schon länger.
Maschinen und Künstliche Intelligenz um uns herum werden immer smarter und effizienter. Alexa redet uns ständig rein. Nach wie vor predigen Arbeitsmarktpolitiker und Berufsverbände mantraartig die Entwicklung digitaler Kompetenz durch lebenslanges Lernen und maximaler Flexibilität. Bildungspolitiker möchten das Schulfach Informatik als Kernkompetenz aufwerten. Inzwischen weiß man aber auch, daß immerhin viele K.I.-Systeme in der Lage sind sich selbst zu steuern und optimal zu organisieren.
Andererseits warnen Kritiker auch davor, das der Mensch schliesslich Entscheidungsträger bleiben sollte. Und sich sprichwörtlich nichts von K.I.-Steuersystemen aus der Hand nehmen lassen sollte, was Mensch noch erledigen könnte. Dies auch in Anbetracht der Tatsache, daß man bereits ständig durch Algorithmen gesteuert wird. Das System, z.B. schnell erkennbar beim Griff zum Smartphone, gibt Anweisungen, denen man als Operator recht bedingungslos folgt. Gleichzeitig wird man in sozialen Netzwerken, als Kunde oder überhaupt als Netz-Nutzer pausenlos beobachtet und das digitale Verhalten ständig analysiert. Unser digitaler Fußabdruck verschwindet nie.
Mensch und Kollege Roboter !
Wohl jeder findet die sogenannten Captcha-Tests – als krakelige Rätsel zur Identifikation – ziemlich nervig. Sie sind aber unverzichtbar, denn beweisen sie doch, dass wir keine Roboter sind, sondern Wesen aus Fleisch und Blut, was man inzwischen aber auch durch Verhaltensbeobachtungen am Browser identifizieren kann, also mittels Wetware .Denn nur ein Mensch springt zwischen den geöffneten Fenstern seines Computers spontan hin und her. Zum Glück sind wir also unperfekter und damit auch weniger eindeutig und dafür total kreativer als ein Roboter je sein kann.
Tatsächlich gilt jedoch nach wie vor, dass sich der Mensch kein automatisiertes Denken aneignen muß , sondern seine schöpferische,kreative Kraft nutzen sollte. Technologische Helfer und Systeme sollten daher möglichst so entwickelt sein, dass der Mensch sich nicht selbst total ersetzt oder überflügelt wird. Aber auch das war in der Vergangenheit möglich. Günstigstenfalls sollten K.I.- Systeme und Roboter einen deutlichen Mehrwert bieten. Wenn man beispielsweise an OP- und medizinische Roboter denkt, oder auch technologische, effiziente Hilfen in Forschung, Wissenschaft, Technik und Alltag, stellt man schnell die auch sehr segensreiche Seite der digitalen Entwicklung fest.
Was sollte nicht passieren ?
Der Mensch sollte also keinesfalls zur effizienten Verlängerung einer Maschine werden, sondern sich idealerweise auf kreativere Aufgaben konzentrieren können. So zumindest der Anspruch. Doch andererseits ist auch klar, daß beispielsweise ein Arbeiter,der in einer weitgehend voll automatisierten Autoindustrie tätig ist, oder eine Arbeiterin in einem klassischen Fabrikjob, sich total als verlängertes Instrument eines Computersystems,einer Software oder Roboters fühlen müssen. Bislang ist das ein immer noch nicht auflösbarer Konflikt !
Klar strukturierte Prozesse und Schritte mit eindeutigen Regeln sind wunderbar zu automatisieren und zu digitalisieren. Bis sich etwas Überraschendes ergibt. Hier kommt der kreative Mensch dann wieder groß heraus. Er entscheidet und nicht der Roboter ! Ein Computer kann exzellent Schach spielen, aber sicherlich keine leidenschaftliche Rede im Bundestag halten oder ein Meeting durchgängig leiten, oder vor einer Schulklasse stehen, aber durchaus einen virtuellen Museumsrundgang im Roboter- Plauderton ermöglichen oder einfach nur unser Navisystem stereotyp besprechen.Das kennt man nun schon seit Jahrzehnten. Und alleine die K.I.die in unseren Autos steckt ist bemerkenswert, nicht nur beim selbstfahrenden Auto !
Digitalisierung macht Menschen überflüssig ?
Betrachtet man die Entwicklungen von Berufen, die sich ganz durch die Digitalisierung und Effizienz- Entwicklung aufheben oder verändern, fällt auf, dass wir bereits von vielen Automatisierungsprozessen umgeben sind, welche Menschen langfristig ersetzen. Denn viele Berufe werden verschwinden !
Sieben der acht Kerntätigkeiten eines Bankkaufmannes sollen beispielsweise laut Arbeitsamt-Website bereits automatisiert worden sein. Kein Wunder dass kleine Bankfilialen dicht machen. Und selbst der unverzichtbare Maschineningenieur kann nicht, wenn sich K.I. völlig durchsetzt, seine partielle Verzichtbarkeit ignorieren.Tatsächlich weist die OECD darauf hin, dass in 10 bis 15 Jahren viele Jobs durch Automatisierung und Effizienzorganisation wegfallen und damit Existenzen. Sichere Jobs sind wohl in Zukunft ironischerweise nur jene, bei denen soziale Interaktion gefragt ist, wobei der Pflege-Roboter schon erfunden ist. Betriebswirte und Börsenhändler und Reisebürobetreiber sind z.B. dann gut ersetzbar. Nicht so Menschen in der Krankenpflege, Erzieher und überhaupt Pädagogen oder Psychotherapeuten. Dies erscheint als eine späte, aber auch zynische Anmutung von Gerechtigkeit vorallem für jene Berufe, die mit Minderzahlung kämpfen und entsprechend geringem sozialen Status !