Sickfluencer oder „Krank im Netz“.

Sickfluencer oder „Krank im Netz“.

Verstärkt melden sich inzwischen unglaublich viele, häufig junge Menschen, in den Sozialen Medien wie Tiktok und Instagram zu Wort, um über ihre Erfahrungen mit den eigenen Erkrankungen öffentlich zu berichten. Daher spricht man inzwischen  auch vom Phänomen der Sickfluencer. Untersucht wurde dieses Thema u.a. auch von Trendforscherin Angel Rose Schmocker von der Züricher Hochschule der Künste unter dem Label : “ Krank im Netz”.

 Austausch oder nur das Grund- Rauschen der Algorithmen ?

Eine chronische Erkrankung, zum Beispiel Diabetis, kann die Lebensqualität erheblich einschränken und nicht Wenige fühlen sich hierbei alleingelassen. Aber hilft dagegen überproportionaler Online-Austausch?  Oder sind Krankheiten möglicherweise weniger stigmatisierend, wenn man alles öffentlich und im Detail auf Instagram oder TikTok postet?

Die Wahrheit ist, dass es Menschen, die über ihre chronische Erkrankung in sozialen Netzwerken posten, meistens nicht nur um Aufmerksamkeit oder Verständnis für ihre Krankheit geht. Viel häufiger geht es um den Aufbau einer Community von Menschen mit gleicher Erkrankung und entsprechend großer Reichweite und damit Bedeutung.

Soziale Medien mutieren dabei immer mehr zu einem rechtsfreien Raum für gesundheitsschädigende Desinformation und erzeugen eine Art Grundrauschen.

Schwierig wird es bei Fakes und falschen Versprechen und unseriösen Angeboten, welche die Verunsicherung bereits chronisch kranker Menschen nochmals triggern können. Gutes Beispiel hier ist die Volkskrankheit  Diabetis!

 

Fake-Informationenflut ?

Die Rolle der Community ist dabei zentral jene, Betroffenen ein Gefühl von Geborgenheit und Aufgehobensein in einer Gemeinschaft zu vermitteln. Man ist eben nicht alleine. Die Gefahren liegen jedoch in der digitalen Natur der Sache und damit in der möglichen Verbreitung schädigender Fake- Informationen.

 

Blindes liken,folgen..

 

Die Selbstdiagnose

Aber auch die klassische Selbstdiagnose über “Dr.Google und Mister Wikipedia”, kann durchaus Ängste auslösen, alleine schon durch die kaum noch kontrollierbare Informationsflut, und die Verstärkung durch KI.

Solchen – auch möglicherweise falschen Überlegungen und Schein-Fakten – wird häufig ziemlich blind gefolgt. Geht es denn wirklich dabei noch dabei um authentische Gefühle?  Wo und Wann beginnt die Inszenierung bei den Auftritten von InfluencerInnen?

Amelie Duckwitz beschäftigt sich u.a. als Professorin für Medienwissenschaften an der Technischen Hochschule Köln mit solchen Kernfragen.

Im Rahmen einer Studie die sich u.a. mit der Frage von Authentizität beschäftigt, befragte sie junge Followerinnen und Follower, die entsprechend antworteten .Meistens sagen die Follower auch: „Ja, klar, ist das so inszeniert. Aber ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ich kann mich mit diesen Gefühlen identifizieren – oder ich honoriere das, dass die Influencerin so offen ist“

 

“ Krank im Netz! „

Hinreichend bekannt ist inzwischen, dass  exzessive Internetnutzung immer auch eine psychogene Überbelastung und Überforderung mit im Gepäck hat. Ständige Social Media Nutzung triggern daher auch oft eine Online-Sucht, die häufig von Depressionen und Angstzuständen begleitet sein kann.

„Krank im Netz“ bezieht sich eigentlich priorisiert auf die Cyberchondrie. Hierbei handelt es um eine Angststörung, die sich durch ständige Internet- Recherchen – inklusive begleitender, körperliche und psychogener Symptome – ständig selber füttert.  KI potenziert dann das Ganze noch mal  immens!

Positiv an dieser Entwicklung ist durchaus, dass Tabus aufgelöst werden und über psychische und körperliche  Erkrankungen auf allen Kanälen gesprochen werden kann..

Eher bedenklich ist allerdings die inflationäre Existenz vieler Optimierungs-Tracker und Apps, die einem zumindest das oberflächliche Gefühl vermitteln, sein Leben- inklusive mentalem und körperlichem Befinden- im Griff zu haben und natürlich auch damit eine reale oder „erdachte“ Erkrankung. Und genau das wird dann auch überzeugt gepostet!

 

 

 

Der  #Menthalhealth -Trend

Tatsächlich ist aber auch nachgewiesen, dass dieser Offenheitstrend keineswegs zur Entstigmatisierung führt, denn für Narzissmus und Schizophrenie oder Borderline gibt es nach wie vor kaum Empathie. Umgekehrt vermuten sehr viele junge Menschen – dies bemerke ich unmittelbar anhand der Anfragen in der Praxis-  dass sie womöglich ADHS habe.

Gleichzeitig wird diese meist pure Hypothese schnell auch als eine Art Entlastung aus jeglicher Verantwortung funktionalisiert..

ADHS- Videos auf TIktok sind übrigens der Renner. Hier dürfen junge Menschen der Generation Z ihre berührbare Seite zeigen. (vgl. dazu  “Psychologie Heute”, Autor: Jakob Johanssen Wissenschaftler).

 

Tiktok wird immer mehr Spiegel unserer Gesellschaft

Die Videos lassen tatsächlich auch Raum für Zweifel und stehen für das Innehalten, was in der öffentlichen Debatte kaum zu finden ist. Das ist das Positive ! Studien zeigen, dass sich immerhin rund ein Viertel der jungen Menschen alleine bei Tiktok über Gesundheitsthemen informieren. Immerhin !

Neu daran ist, dass sich dabei auch MedizinerINNEN an Influencer wenden, die ja öffentlich über ihre Probleme klagen und dann öffentliche  Fach- Tipps für den Umgang abgeben.

Die Generation Z bevorzugt  gerne schnell zugängliche, wenig validierte  Informationen und versucht sich häufig selbst zu therapieren, bevor überhaupt eine Fach- Expertise reingeholt wird.

 

Pathologisierungspandemie ?

Therapie boomt ! Psychotherapeut Holger Richter vermutet , dass es auch an den Vorteilen liegen könnte, die sich mancher aus einem Art Opferstatus verspricht. Vielfach stellen sich Menschen aufgrund dubioser Angebote und scheinbar solider Fakten in den Sozialen Medien selbst die Diagnosen, wobei ADHS- Diagnosen gerade  durch die Decke gehen, während natürlich keiner narzistisch sein mag.

 

Weitere Infos 👍

https://www.deutschlandfunkkultur.de/wie-influencer-ueber-krankheiten-sprechen-100.html

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