Die politische und gesellschaftliche Dimension des Narzissmus : Das Vorurteil
Narzisstische Äusserungen sind wenig differenziert, generalisieren prächtig über alles hinweg, und blenden andere Möglichkeiten über eine Situation oder damit einen Menschen nachzudenken aus. Wir wollen uns eben nur vordergründig ärgern! Zum Glück gibt es aber nicht nur Wutbürger !
Vorurteile haben vor allem eine narzisstische Wurzel.
Ängste und Vorurteile nähren aber nicht nur unsere alltäglichen narzisstischen Abwertungen, sondern auch den Rassismus in übelster Form. Sie bieten quasi die Steilvorlage für Parteien wie beispielsweise die AFD mit Klischees, Stereotypen und Vorurteilen wie: „Flüchtlinge liegen uns nur auf der Tasche und leisten dafür nichts. Sie sind auch grundsätzlich gefährlich und vermutlich viele von ihnen Terroristen“. Genau dies ist auch das Futter für jeden Stammtisch oder Facebook-Twitter-Haßkommentar. Das gemeinsame Ärgern, Beschimpfen, Abwerten und Ablehnen in der Gruppe, verstärkt leider individuelle und übergreifende narzisstische Ausgrenzungstendenzen und bestätigt Vorurteile. Vorurteile haben also vor allem eine narzisstische Wurzel.
Gefährlicher Narzissmus in der Weltpolitik
Es gibt ganze Systeme und Staaten, Gruppierungen, Parteien.. und natürlich Präsidenten, die narzisstische Politik machen. Seit über einem Jahr erlebt die Welt mit dem amerikanischen Präsidenten D.Trump einen narzisstisch geprägten politischen Kurs, der beeindruckend vorführt, wie ein stimmungslabiler, unberechenbarer, kritikunfähiger, sich selbst überschätzender, realitätsferner und selbstherrlicher Präsident, immer wieder neue Krisen produziert, sie selten löst, und damit ständig den Weltfrieden und die Weltwirtschaft gefährdet. Ein Beispiel eines gefährlichen Narzissmus, fast lehrbuchmäßig.
Schnell wirft Trump sofort alle jene raus, die anders denken oder Kritik üben. Er ist, da er praktisch keinem vertrauen kann, absolut beratungsressistent ! In Putins großem Reich laufen ähnliche Mechanismen ab, ebenso wie in Syrien, Türkei, Iran oder Nordkorea, in den Emiraten usw…. Eben überall dort, wo narzisstische Impulse von oben herab gelebt werden.
Weltpolitik wird somit immer mehr zu einem narzisstischen Kräftemessen und in der ständigen Gefahr, aus der Balance zu geraten. Gerade in seiner politischen Dimension und den weltweiten Auswirkungen seiner Politik, schafft der Narzisst Donald Trump sich, wie es auch andere Autokraten taten und fortwährend tun, sein eigenes Universum. Dabei blendet er möglicher negative Wirkungen seines Verhaltens aus. Genau das aber ist der pathologische Aspekt am politischen Narzissmus.
Alltäglicher Narzissmus
Narzissmus ist etwas Alltägliches, denn zunächst einmal ist es eine Tatsache, dass jeder Mensch in seinen für ihn typischen Grenzen einen gewissen Narzissmus an den Tag legt und sich damit mehr um sich selbst dreht, als ihm bewusst ist.
Wenn Sie allerdings von sich selbst glauben, Ihre Qualitäten nicht besonders narzisstisch in den Vordergrund rücken zu müssen und sich oft über Menschen wundern, die das fabelhaft können, so ist das nur die eine Seite der Medaille. Die andere Aussage könnte sein, dass Sie sich zudem nicht als jemand empfinden, der gerne und schnell andere Menschen abwertet, oder ? Gratulation wenn dem so ist! Denn Sie müssen über ein offensichtlich gesundes und flexibles Selbstwertgefühl verfügen und treten so stark auf, dass der jeweilige Sozialpartner ebenfalls ein ziemlich großes Selbstverständnis haben sollte, um überhaupt mit Ihnen gleichzuziehen. Ihre Selbstreflexion lässt vermutlich allerdings zu wünschen übrig. Die kommt in diesem Gedankenmodell zu kurz.
In der Tat verfügen also alle Menschen über eine Form des Narzissmus, in Form von oftmals nicht bewussten Verhaltensmustern der Auf-und Abwertung im täglichen Miteinander. Wenn wir Andere unbewusst oder auch bewusst abwerten und damit herabsetzen, kleinreden oder auch im Gegenzug extrem aufwerten und damit über die Gebühr idealisieren, kann wiederum der Sturz zurück in die Abwertung sehr tief sein. Von diesem Balanceakt kann so mancher Politiker oder Facebook-Teilnehmer berichten. Aber selbst das alttestamentarische Beispiel vom zunächst bejubelten und schliesslich gekreuzigten Jesus Christus, beschreibt das Phänomen der Auf-und Abwertung bis zur letzten Konsequenz. Übrigens ist auch jedes Verlieben eine grandiose Aufwertung des Anderen, der dann Ernüchterung und Entzauberung folgen kann, wenn die verliebte Magie das Pärchen endgültig verlässt.
Hochgradig narzisstisch verhalten wir uns alle in unseren ständigen Selfie- Instagram- und Whatsup-Welten. Hier werden oftmals gedankenlos Gefühle, Stimmungen und andere Eitelkeiten in den virtuellen Raum abgegeben, für alle sichtbar..
Gedankenübung zum Thema des alltäglichen Narzissmus.
Mal eine kleine Gedankenübung : Denken Sie kurz an eine Situation, in der Sie sich über das Verhalten anderer Menschen geärgert haben, weil alles nicht so lief, wie Sie es von diesen erwartet haben. Hier kommen Sie schnell Ihrem eigenen kleinen Narzissmus auf die Spur! Kennen Sie solche ziemlich aggressiven Gedankengänge auch ?
„ Der Typ im Auto vor mir, was macht der denn jetzt schon wieder für einen Schwachsinn? Dem Vollpfosten sollte man sofort den Lappen abnehmen.Heute sind nur Idioten unterwegs .“
„Jetzt stürzt dieser Mist- Computer schon wieder ab. Was sind das bloß für Dilettanten in der Entwicklung. Dieses Label produziert doch nur Schrott…!“
„ Wie kann man sich nur so blöd anstellen, dieser Mensch ist doch so dumm wie ein Toastbrot“. Oder: „ Sowieso alles unfähige Blödmänner da oben in der Politik !“
„ Meine Frau ( oder mein Mann ) tickt auch nicht mehr ganz richtig…..“ „ Typisch Frau am Steuer !“ „ Echt Macho !“ „ Alle Flüchtlinge sind potentielle Terroristen.“
Der alltägliche normale „ Wahnsinn“ beim Narzissmus.
Wir geben oft unserem Ärger durch abwertende und generalisierende Meinungen Ausdruck, manchmal auch ganz allgemein, wie: „ Das Wetter ist doch wie immer zum Kotzen“ oder wie in den obigen Beispielen schon ausgeführt mit negativen Bewertungen von Mitmenschen oder Partnern. Mit banalen Generalisierungen und narzisstischen Abwertungen findet man übrigens immer Beifall. Das weiß auch jeder Kabaretist. Wir alle projizieren sehr oft unseren Unmut über irgendwas auf die nächsten Personen im Umfeld. Und dann verhalten wir uns ziemlich narzisstisch ! In der Regel hat aber der Ärger mehr mit uns als mit den anderen zu tun !!
Achten Sie also unbedingt auf den Ärger, der in Ihnen hochkommt, wenn mal wieder nichts so läuft wie Sie es erwarten und Kritik laut wird, die Sie absolut nicht hören wollen. Begreifen Sie, dass Ihr Ärger nichts anderes darstellt als eine unbewusste Abwehr Ihrer inneren Furcht vor Ihrer eigenen Abwertung durch andere Menschen- auch eine Form des Narzissmus.
Aber was passiert eigentlich psychologisch, wenn wir narzisstisch denken und fühlen, uns ärgern und enorm wütend sind ? Natürlich liegt in der Ursache unseres alltäglichen Ärgers über die Anderen auch ein psychologischer Reflex. Denn automatisch identifizieren wir uns ausschliesslich mit dem eigenen, immer „scheinbar“ überlegenen Selbstbild, oder zumindest mit dem, was wir von uns glauben, das wir es seien.
Und zu diesem Selbstbild gehört natürlich auch die Überzeugung, alles müsse so und nicht anders laufen, eben genauso wie wir es erwarten und es für uns vorteilig ist. Wir möchten gerne, dass unsere Leistung, unsere Kompetenz , unser Aussehen und damit unsere ganze Person wirksam ist und Bedeutung für die Mitwelt hat. Wir wollen also gesehen werden! Im Prinzip geht es um die Anerkennung möglichst vieler Menschen, die uns wichtig sind. Das ist jedoch normaler Narzissmus und keineswegs bedenklich. Schwierig wird es nur dann, wenn wir erwarten, dass die Welt und Andere sich gefälligst so um uns drehen, wie nur wir es für richtig halten. Hier ist der Grad zum pathologischen Narzissmus recht schmal.
Krankhafter bzw. pathologischer Narzissmus
Krankhafter Narzissmus wird häufig zu spät entdeckt. Hilfe suchen sich Betroffene häufig erst, wenn die Störung zu weiteren Problemen führt, erklärt die Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)
Pathologischer, also krankhafter Narzissmus, spielt sich grundsätzlich im schnellen Stimmungswechsel ständiger Eigenaufwertung und dem Dauerfeuer der ebenso ständigen Abwertung der Mitwelt ab. Das geschieht oft unreflektiert. Denn, man wertet sich quasi selbst auf, indem man den anderen ständig abwertet. Pathologischer Narzissmus überschreitet nicht selten die Grenze zu einer Persönlichkeitsstörung, hat heftiges Konfliktpotential und entzieht sich meist jeglicher Selbstreflexion und Therapie.
Das Passepartout eines Narzissten ist oft ebenfalls ein Narzisst.
Ängstlich-vermeidende und depressiv- abhängige Verhaltensmuster versuchen Rivalitäten und Konkurrenz grundsätzlich zu vermeiden und sind damit genau das Gegenteil vom aktiv-aggressiv auftretenden Narzissmus, der keinesfalls übersehen werden will. Der ängstlich vermeidende Mensch möchte dagegen vor allem nicht unangenehm Auffallen. Harmoniebedürfnisse gehen dann auch über die eigenen Bedürfnisse hinweg und das bei endloser Leidensfähigkeit. Aber auch das ist eine Art narzisstische Selbstbespiegelung und ein passiv-aggressiver Narzissmus, der aus dieser ergebenen Lebenshaltung eine Art Opfer-oder Märtyrer-Überlegenheit schöpfen kann. Diese passiv-aggressive, sich unterordnende, fürsorgliche, soziale, emotionale und helfende, aber auch appellierende und leidende Form des Narzissmus ist gerne eher weiblicher Natur.
Ein typischer Narzisst, männlich oder weiblich oder als Mischform auftretend, besticht gerne mit seiner schnellen Entscheidungsfähigkeit, Leistungsstärke, Zielorientierung und Machtbewusstsein. Ein harmoniebedürftiger und ängstlich-vermeidender, leidensfähiger Partner dagegen, bietet sich mit seinem passiv-aggressiven Narzissmus hier exzellent als willige Projektionsfläche an. Denn dieser Partner bleibt eher bescheiden im Hintergrund und ziemlich depressiv gesteuert im Windschatten eines typischen Narzissten.
So kann dieser glänzen wie einst der französische Sonnenkönig Ludwig der Vierzehnte und bekommt viel Raum nur für sich selbst. Der bescheidenere Partner freut sich dabei schon an den kleinen emotionalen „Brotkrumen“ die vom Tisch herabfallen : Narzisstisches Angriffs- und Konfliktpotential trifft hier auf eingeübte ständige Rechtfertigung, Mäßigung, Konzillianz und Kompromißbereitschaft, schlimmstenfalls auch auf Resignation, Trauer, Depression, Zögerlichkeit und Verzweiflung.
Narzisstische Gefühlsachterbahn in Beziehungen
Ein Narzisst setzt sich meist gegen alle Widerstände durch, ist oft dabei kreativ- manipulativ, wenig emphatisch, eher exzentrisch seine Gefühle an-und abdrehend, bindungsschwach bis bindungsunfähig, dabei sehr stimmungslabil. Von ihm gelobt zu werden, kann für den Partner oder die Partnerin dann plötzlich wieder schlagartig in eine cholerische und heftige Abwertung umschlagen. Das ist dann tatsächlich eine narzisstische Gefühlsachterbahn!
Schlussbemerkung
Sie sollten sich unbedingt mal selbst kritisch beobachten, wenn Sie stark abwertende Urteile und Meinungen von sich geben. Im Prinzip sagen diese Abwertungen rein gar nichts über die Wirklichkeit und Wahrheit der Behauptungen aus, aber viel über SIE selbst.
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