Vermutlich kennt das Jeder mal in seinem Leben : Es kommt zur Trennung, vielleicht auch von der besten Freundin. Bei Whatsapp und Instagram oder Telegram „überleben“ allerdings die Fotos und Postings freundschaftlicher oder ehemals auch leidenschaftlicher Beziehungen als Zeugnisse einer vergangenen, gemeinsamen Zeit oftmals länger, als man es ertragen kann. Und das Handy ist bekanntlich leider immer zur Hand und damit ist die digitale Kontrolle und eine neue Sucht geboren.
Mehr als ein Drittel aller Verlassenen soll sich über soziale Netzwerke Informationen zum neuen Leben von verflossenen PartnernInnen holen. Dies geht aus zahlreichen Studien zur Thematik hervor. Und es sind nicht nur handyaffine Teenies betroffen , sondern auch gestandene Boomer ! Es handelt sich hier um eine weltweit zu beobachtende Entwicklung, die in nicht wenigen Fällen zur erheblichen Sucht ausarten kann.
Kontrollsucht und Stalking!
Was sich früher noch als geheimes „Beobachten“ zum Beispiel im Auto vor der Wohnung oder dem Haus des oder der Ex stehend abspielte, wird heute digital über soziale Netzwerke in Sekundenschnelle erledigt, also möglichst dann auch gefilmt und natürlich veröffentlicht. Dabei wird fast immer hart an die Grenze zu Stalking gestoßen bzw. sie wird ständig überschritten. Denn der Straftatbestand des zu ahnenden Stalking hindert leider die wenigsten Stalker daran es nicht immer weiter zu tun.
Eine heftige digitale Kontrollsucht begegnet mir inzwischen tagtäglich in meinem psychotherapeutischen Beratungsalltag. Vor allem nach nicht einvernehmlichen Trennungen spionieren Partner dem oder der Ex oft digital und ständig hinterher. Das Handy ist dann Tag und Nacht in Aktion ! Genau das bleibt psychisch und physisch für Betroffene nicht ohne Folgen. Angefangen bei Schlafproblemen bis zu körperlichen Symptome wie Magen-Darm- Irritationen, Herz-Kreislauf-Störungen bis hin zu Suizidgedanken und Depressionen.
Die Folgen für den Stalker und die Stalkerin !
Genau das führt allerdings dann immer heftiger dazu, dass sich das eigene Leben ausschließlich nur um diesen verlorenen Ex- Menschen und dessen oder deren Posts dreht. Diese absolute Fokussierung findet man grundsätzlich in jedem Suchtverhalten, alles andere bleibt dann total im Hintergrund. Selbst existentielle Bedürfnisse wie Hygiene, Essen, Trinken oder Schlafen, können dabei ziemlich vernachlässigt werden. Kommen dabei noch mögliche psychotische Aspekte der Stalker – Persönlichkeit zum Tragen, kann dies alles sogar auch zu einem Art Kontroll-Wahn ausarten.
Der Experte Polleichtner verweist u.a. darauf, dass vermutlich eher Menschen die mit eigenen ,unangenehmen Emotionen wie Trauer, Angst, Frustration und Unsicherheit schlecht umgehen können, eher zur Suchtentwicklung neigen als jene, die gewissermaßen in sich ruhen, und damit stabilere Persönlichkeiten sind, mit einem klareren Selbstbild und Selbstverständnis.
Fazit : ein destruktives Gefühlschaos !
Trennung und Trennungsgründe spielen bei Stalkern im Laufe der Zeit oft auch keine Rolle mehr. im Prinzip geht es darum die Kontrolle über den gestalkten Menschen zu behalten !Tatsächlich neigen viele Betroffene zum unkontrollierten Handygebrauch, weil sie recht lange daran glauben, die Trennung irgendwie wieder rückgängig machen zu können.
Obwohl sie sich doch sehr kontraproduktiv bis asozial verhalten. Der Stalker bzw. die Stalkerin lebt quasi in der eigenen eingeschränkten Wahrnehmungsblase, die mit der Wirklichkeit überhaupt nichts mehr zu tun hat.
Wut, Eifersucht und Hass begleiten Stalking.
Der Schock des auf sich selbst geworfen Seins und der Zustand wirklich verlassen und alleine zu sein, produziert dabei wirklich die destruktivsten und schlimmsten Abwertungsgefühle bis hin zum tiefsten Hass. Verlassen worden oder betrogen worden zu sein, gehört zu den tiefsten narzisstischen, menschlichen Kränkungen. Hat die Depression dabei die Oberhand, und ist noch ein Restgefühl an Liebe vorhanden die nun nicht mehr beantwortet wird, ist das häufig auch die Geburtststunde von Depressionen. Bestimmt dagegen die Wut , pure Eifersucht und damit verbunden sogar Hass die Reaktionen und Verhaltensweisen, ist das Stalking ganz besonders zerstörerisch.
Fazit:
Kontrollsucht hat immer sehr viel mit überbordender und vor allem nicht verarbeiteter eigener (narzisstischer) Kränkung, Wut, Eifersucht und mit sehr viel Verzweiflung, erheblichen Zwängen sowie Ängsten zu tun. Ein solches Gefühlschaos diktiert dann genau diese meist nicht fairen Umgangsszenarien und sorgt für sehr viel Leid.
Die Folgen des Verhaltens !
Tatsächlich wieder mal jemand anders kennenzulernen wird allerdings schwieriger, so lange der oder die Andere noch im Kopf herumspuckt und das Herz besetzt. Aber Kontrolle ist so das ziemliche Gegenteil von Vertrauen ! Misstrauen prägt daher meist verlassene Menschen, die sich häufig nur an die Idee der alten Beziehung klammern, die so ja gar nicht mehr gibt. Die Beziehung wird häufig neu „erzählt“ und dabei gerne glorifiziert, obwohl eigentlich schon länger die Luft raus war und auch ist. Das jedoch wird aus der Wahrnehmung gestrichen. Dass der Vertrauensmissbrauch einfach zu groß ist, um tatsächlich vorbehaltlos zu verzeihen, gestehen sich die Wenigsten Betroffenen ein.
Und die Rolle von Coaching oder Therapie ?
In der tiefenpsychologisch-systemischen Therapie dreht sich letztendlich alles um das Thema des Loslassens und des klar Position Beziehens. Auch um die Gefühls- Ressourcen, die schließlich auch ein Stalker hat. Solange alles unberechenbar und unklar ist also in einem Art Schwebezustand, wird nur vorgegaukelt, dass Situationen irgendwie noch beeinflussbar sind. Und die Tatsachen von betroffenen Verlassenen lange geleugnet.
Radikale Entscheidungen sind notwendig.
Für beide Seite gilt der radikale Grundsatz : Den Kontakt unmittelbar und komplett abzubrechen ! Denn nur so ist es möglich, wieder in seinen normalen Alltagsrhythmus zu finden.
Nie wieder alte und neue Fotos von Verflossenen anschauen heißt also auch, keine neuen Wunden mehr aufreißen. Auch wenn es noch so weh tut sich nun aus dem schillernd erscheinenden Leben der oder des Verflossenen nun endgültig zu verabschieden.
Dabei kann Therapie hilfreich sein. Die Normalität sollte wieder Einzug halten, und zwar für alle Beteiligte.
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