Ich will mit dir kuscheln ! Berühr mich und nimm mich einfach nur in den Arm !
Vor allem Frauen können die obige Aussage unterschreiben. Sie möchten mehr und zärtlich vom Partner wahrgenommen werden.Tatsächlich sind es in meiner Praxis fast nur Frauen, die sich über ihre Partner beklagen. Abendliches Schmusen und Kuscheln liefe fast immer auf Sex hinaus, heisst es da.
Das Schmuse-Missverständnis
Frau sucht Sicherheit und Geborgenheit im Arm des zärtlichen Partners. Das genießt sie allerdings auch gerne mal ohne Sex. Ist Kuscheln oder Schmusen nun eine Aufforderung zum Geschlechtsverkehr? Für Männer gilt das sicherlich mehr als für Frauen. Frauen möchten am liebsten oft nur kuscheln, gestreichelt und berührt werden. Da liegt also durchaus schnell ein Schmuse-Missverständnis vor.
Wenn man verliebt ist, wird man geradezu von einem Berührungsrausch gepackt. Man kann die Hände buchstäblich nicht voreinander lassen. Händchenhalten kann hier noch kleine Micro-Feuerwerke entfachen. Berührungen sind eine Kommunikationsart, die schnell und direkt ausdrücken, was dann keiner Worte mehr bedarf. (Siehe dazu Studie der Universität Freiburg 2013, Anik Debrot ). Später halten wir leider öfter das Smartphone als die Hand unseres Partners und berühren nicht ihn, sondern den Touchscreen.
Die Bedeutung von Berührungen für die Beziehung.
Körperliche Berührungen und Zärtlichkeiten, manchmal auch nur der ritualisierte Kuss auf Wange oder Stirn, verbindet Paare. Beiläufiges Streicheln und Berühren ermöglichen uns die kleinen Zwischentöne im Alltag. Wir haben übrigens ein ganz archaisches Verlangen unserer Haut nach Streicheleinheiten. (siehe Literaturtipp : „Wie Berührung hilft“, von Werner Bartens ). Grund dafür ist unser Tastsinn. Den hat bereits ein Embryo. Dieser Tastsinn bleibt uns bis ins hohe Alter erhalten, während Seh-und Hörfähigkeiten deutlich abnehmen. Wir verfügen über sogenannte C-taktile Genussrezeptoren. Diese reagieren auf angenehmes Streicheln. Es geht uns dabei einfach nur gut. Berühren stimmt friedlich und muss nicht immer stimulierend sein.
Leider fassen sich viele Paare nach längerer Beziehung wenig bis gar nicht mehr an. Umarmen geht schon gar nicht. Natürlich sehnen sich alle danach, denn Schmusen gehört zu den positiven Verstärkern von Beziehung. Unterschwellig weiß das jeder.
Später wird Schmusen oft nur als Auftakt zum Sex verstanden. Zumindest gerne von männlicher Seite. Und dann kommt es oft zum strategischem Rückzug der Frau, weil die ja etwas anderes erwartet. Fertig ist das Schmuse-Missverständnis.
In der Sexualtherapie erlebt ein Paar mit einem„Schmuse-Missverständnis“ zunächst ein eher „technisches“ Schmusen auf ganz bestimmtem Niveau, das den Verkehr jedoch zunächst völlig ausschliesst.
Die aufeinander aufbauenden Übungen zu Hause, die ich Ihnen in der Sexualtherapie an die Hand gebe, bilden dann quasi eine Art Kontrastprogramm und werden in den Sitzungen ergebnishaft besprochen und ausgewertet. Allmählich kann sich so ein wertschätzendes Begreifen von Nähe und Schmusen einstellen, das nicht immer im Akt enden muss.
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